Abwärts – „Krautrock“

Künstler Abwärts

Zwei Klassiker, ein Cover, zehn neue Abwärts-Songs - so geht "Krautrock".
Zwei Klassiker, ein Cover, zehn neue Abwärts-Songs – so geht „Krautrock“.
Album Krautrock
Label Cargo
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Ich gestehe: Ich bin nicht allzu vertraut mit dem Wirken von Abwärts. Sie haben eine sicherlich verdienstvolle, mehr als 30-jährige Karriere hinter sich, doch mit „Abwärts“ assoziiere ich eher die Aufnäher auf den ollen Bundeswehr-Rucksäcken der Punks um die Ecke als einen bestimmten Sound oder gar legendäre Songs. Vielleicht auch deshalb wirft Krautrock, das 14. Album des Quartetts, sieben ziemlich verwirrende Fragen für mich auf.

  1. Ob der Bildhauer Wigand Wittig geahnt hat, als er sich um das Aufhübschen des Görlitzer Parks in Kreuzberg kümmerte, dass Abwärts 20 Jahre später ein Lied namens Berlin Görlitzer Park machen würden, das keineswegs von Landschaftsgestaltung handelt, sondern vom dort allgegenwärtigen Drogenhandel?
  2. Hat die Welt wirklich auf ein Lied wie Peking Spring Smog und damit auf ein Genre wie Meditationsrock gewartet?
  3. Ist das eigentlich noch Punk, wenn es auf dieser Platte unter anderem Trompeten, Flöten, Synthesizer und Stimmsamples gibt, der Refrain von Das Verhör sogar einen Disco-Beat bietet und nur 5 von 13 Liedern Pogo-tauglich sind?
  4. Sind Abwärts angesichts dieser klanglichen Vielfalt (und einiger weiterer Parallelen) die deutschen PiL?
  5. Was hält Leonard Cohen wohl von der Coverversion seines Klassikers The Future, der von Abwärts für diese Platte (bis auf ein ausbaufähiges ð) weitgehend originalgetreu eingespielt wurde?
  6. Wer braucht Neuaufnahmen der Abwärts-Klassiker Computerstaat (nach wie vor brachial und provokant) und Beirut Holiday Inn (das mittlerweile klingt, als hätten Wham! 30 Jahre im sibirischen Arbeitslager hinter sich)?
  7. Ist Krautrock schon jetzt das hässlichste Plattencover (gestaltet von Hans Gieseking) des Jahrzehnts?

Immerhin hat mich Krautrock aber auch zu sieben Einsichten und Antworten geführt.

  1. Ich mag Stimmen lieber, die gefallen oder wenigstens beeindrucken wollen – und nicht Stimmen wie die von Frank Z., die anscheinend nur für die Worte „Verpiss dich, du Arsch“ gemacht sind.
  2. Ich mag lieber Musik, die elegant ist statt plump.
  3. Ich mag keine Drogen (neben dem Dope-Handel im Görlitzer Park gibt es auf Kraut(!)rock auch noch ein ironisch gemeintes Stimm-Sample, mit dem vor dem Marihuanakonsum gewarnt wird).
  4. Sarkasmus ist mir nur willkommen, wenn er von Leuten kommt, die auch ihre Verletzlichkeit zeigen können. Denn dann weiß man, dass der Sarkasmus eine Reaktion auf die Bosheit der Welt ist, nicht bloß ein angeborener, asozialer Defekt.
  5. Ich mag Musik lieber, die warm ist statt unterkühlt (auch wenn „unterkühlt“ bei Abwärts immerhin ab und zu auch noch „cool“ bedeutet, etwa in Ein Bus wird kommen, dem besten Lied der Platte).
  6. Dagegen-Sein sollte meines Erachtens lieber ausformuliert werden statt sich auf potenziell missverständliche Brocken, Fetzen und Schlagwörter zu beschränken wie es hier  beispielsweise in Parallelwelt der Fall ist.
  7. Ich bin wohl kein Punk. Jedenfalls nicht im Sinne von Abwärts.

Auch nicht lustig: Abwärts bei Vivasion.

Homepage von Abwärts.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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