Künstler | Amanda Bergman | |
Album | Docks | |
Label | Ingrid | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Schon tausendmal ist diese Situation besungen worden, wahrscheinlich auch schon oft genug mit schicken Streichern und traurigem Bass wie hier. Aber was Amanda Bergman in Questions macht, ist dann doch eine faszinierend sensible Annäherung an die Frage: War es das mit uns? Dass das Gitarrensolo wie eine offene Wunde klingt, ist wohl kein allzu verheißungsvoller Fingerzeig für die darin besungene Beziehung.
Das dritte Lied von Docks ist damit typisch für das Solodebüt der Schwedin, die in ihrer Heimat seit 2012 als Mitglied von Amason (deren Petter Winnberg hier auch produziert hat) bekannt ist und als Solistin unter anderem schon mit First Aid Kit und The Tallest Man On Earth auf Tour war. Docks ist eine Platte, in die Bergman anscheinend ihr ganzes Leben packt, eine riesige Portion an Erfahrung, Gefühl und Talent.
“For many years I’ve been waiting to find something that would feel like a starting point. Both musically and professionally. I’ve sort of felt as if I’ve been fumbling around quite a bit for a while. This record feels like a breaking point, a point of reference, a benchmark, and a catalyst for continuing and making more music”, bestätigt sie diesen Eindruck. “Lyrically this record is about relationships and all their quirks and twists. It also centers around the fascination I have for the rollercoaster between one’s total shortcomings and those golden moments when you succeed in behaving well.”
Das mag wenig spektakulär klingen, begeistert aber durch die schlichte Klasse des Songwritings. Der Auftakt Falcons baut auf sanfte Weise eine beachtliche Spannung auf. Eine sehr originelle Melodieführung macht die Einladung “Dance with me somewhere now” in Taxis noch ein wenig verführerischer. Sirens ist komplex, ohne dadurch Stimmung und Stimmigkeit zu verlieren, Windshield zeigt sich verspielt, lässig und mit Country-Elementen kokettierend.
Dass Docks immer wieder wie eine gesungene Autobiographie klingt, gibt den zehn Liedern eine zusätzliche Qualität. In Golden hört man, dass das Klavier das erste Instrument war, an dem Amanda Bergman als kleines Mädchen in einem schwedischen Dorf ihr Talent erprobte. Fire Hits The Snow, nur aus Gesang und Picking auf der E-Gitarre bestehend, lässt ihren Dylan-Bezug (zu Beginn ihrer Karriere nannte sie sich Idiot Wind nach einem Song des Großmeisters und veröffentlichte unter diesem Namen 2010 auch ihre erste EP) überaus plausibel erscheinen.
Sitting By The River glänzt in gleichem Maße mit Dringlichkeit und Eleganz. Das sehr gute Flickering Lights ist wahrscheinlich die Sorte der im richtigen Teil der Achtziger wurzelnden Modernität, die sich Chrissie Hynde für Stockholm erhofft (aber selbst nicht erreicht) hatte. Und der Schlusspunkt Blue Eyes wäre düster, würde er nicht von dieser himmlischen Stimme gesungen, die auf dem gesamten Album wundervoll zwischen herb und verhuscht changiert.