Künstler | Angel Olsen | |
Album | Burn Your Fire For No Witness | |
Label | Jagjaguwar | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
“Are you lonely too?”, fragt Angel Olsen im dritten Lied dieses Albums. “High five – so am I”, lautet dann die nächste Zeile. Man kann in diesem Vers eine Menge von dem erkennen, was Burn Your Fire For No Witness, das zweite Album der Dame aus Missouri, ausmacht. Der Wille, Bitterkeit zu überwinden, gehört dazu, gerne mit schwarzem Humor. Scharfsinn gehört dazu. Und der Versuch, das Glück (oder wenigstens ein bisschen Trost) bei den Mitmenschen zu suchen.
Nach dem Debüt Half Way Home, das sie noch weitgehend allein und weitgehend akustisch aufgenommen hatte, sind auf Burn Your Fire For No Witness erstmals Mitmusiker dabei, nämlich Josh Jaeger am Schlagzeug und Stewart Bronaugh am Bass. Sie verleihen dem Album einen kantigeren Sound und verschieben die sehr guten Songs von Angel Olsen noch mehr in Richtung des ultimativen Fixsterns, der PJ Harvey genannt wird.
“We were so… on,” schwärmt Olsen über die gemeinsamen Aufnahmen mit Jaeger und Bronaugh, die sie zuvor schon auf Tour begleitet hatten, und Produzent John Congleton (Bill Callahan, St. Vincent), “and it was just really cool. I’d just got back from a tour before we went in, so it was a strange thing to shift to recording, but we had really good, funny days there and John Congleton was like the doctor of our sound. At first, we just felt really safe with him, so we’d confide in him about what we’d want and he’d tell us what the symptoms were, but then he opened up and became this hilarious character. He’s really easy to work with.”
Er schafft es, die Persönlichkeit von Angel Olsen stets ins Zentrum zu stellen, sie aber gekonnt mit vielen neuen Facetten zu umrahmen. Mal ist das ein Lo-Fi-Schrammeln wie der Opener Unfuck The World, mal ein satter und kraftvoller Rocksound wie Forgiven/Forgotten, der nach diesem Auftakt fast wie eine Pointe wirkt. Mal ist es eine altmodische Eleganz und Romantik à la Buddy Holly oder Roy Orbison, die etwa in Lights Out anklingt, mal ein arschcooler und knochentrockener Sound im Stile der Velvet Underground wie in High & Wild, dem man am Schluss die Freude am Zusammenspiel, am Jammen und am gemeinschaftlichen Lärm anhört.
Stars zeigt, wie mutig, eigen und eindringlich die Lieder von Angel Olsen sind, das akustische Iota dürfte allen Fans von SoKo sehr gut gefallen, der Schlusspunkt Windows lässt an besonders dramatisch aufgelegt Dum Dum Girls denken. Diese Vielfalt des Sounds, die nach der EP Strange Cacti und dem Debütalbum nicht unbedingt zu erwarten war, ist eindeutig ein Gewinn. “I was trying to take a little bit of what I learned from both of those early records, and I thought maybe some space around guitar and a little bit of space on drums would sound cool”, erklärt Angel Olsen ihren Ansatz für Burn Your Fire For No Witness. “We ended up recording a lot of stuff live and then adding vocals later, so that was a difference this time around. I think that gives a live perspective to the songs – not that any live performance will be like the record, but it has more of a feeling when everyone is playing it together. You can tell.”
Dance Slow Decades ist ein guter Beleg dafür, in dem sie singt, als wäre es eine Beichte. Am deutlichsten wird dieser Effekt aber in With Fire. Angel Olsen nennt das Lied einen „existential confrontation song“ und thematisiert darin die Tatsache, dass sie als kleines Mädchen von ihrer Mutter zur Adoption freigegeben wurde und dann in einer neuen Familie aufwuchs. Die Leonard-Cohen-Atmosphäre ist tief und dunkel wie ein Grab, und Angel Olsen packt in diese fast sieben Minuten praktisch alle Nuancen, die ihre intensive Stimme zu bieten hat. Und obendrauf noch ein paar Zeilen, die ihre ganze Klasse beweisen: „If you’ve still got some light in you / then go before it’s gone / Burn your fire for no witness / it’s the only way it’s done / Fierce and light and young / Hit the ground and run.”
Ein kleines Konzert von Angel Olsen:
httpv://www.youtube.com/watch?v=G7NapIZ1xGE