Künstler | Arbor Labor Union | |
Album | I Hear You | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Es gehört eine Menge Arroganz dazu, in Zeiten wie diesen eine Band zu gründen, die mit der klassischen Besetzung von GitarreSchlagzeugBass arbeitet und auch Musik macht, die nach GitarreSchlagzeugBass klingt. Ist es nicht anmaßend, ernsthaft zu glauben, man könne diesem uralten Prinzip noch etwas Außergewöhnliches oder gar Wichtiges hinzufügen?
Natürlich passiert das trotzdem ständig, auch in Georgia, der Heimat von Arbor Labor Union. Das Quartett hieß früher mal Pinecones, unter diesem Namen veröffentlichten sie 2014 auch ihr erstes Album Sings For You Now. Bei Brain Atoms (Gitarre), Ryan Evers (Bass), Bo Orr (Gitarre und Gesang) und Ben Salie (Schlagzeug) ist allerdings offensichtlich, warum sie diese Sache mit der Rockmusik angefangen haben: Sie können nicht anders.
Acht der neun Lieder auf I Hear You haben einen Text (das andere ist das aufregende Instrumental Babel), und in fünf davon werden explizit das Musikmachen und Singen thematisiert, Gitarren oder Lautstärke besungen. All dies ist für Arbor Labor Union offensichtlich kein Hobby, sondern Lebensinhalt, und das merkt man diesem Album auf eine sehr wohltuende Weise an.
Schon der Text des fast siebeneinhalbminütigen Auftakts Mr. Birdsong zeigt, dass man es hier mit einem sehr speziellen Geist zu tun hat. „Your name was Atom Bomb / my name was Vietnam / They still sing our song!“, skandiert Bo Orr und das Ergebnis wirkt beinahe, als würde Frank Black jetzt bei den Doors singen. Radiant Mountain Road hat viel Tempo und Druck, wie eine psychedelische Version der Foo Fighters. Der Quasi-Titelsong IHU wird zu einer Beschwörung.
Zur Ernsthaftigkeit und Klasse, mit der Arbor Labor Union all das betreiben, passen auch reichlich Bezüge auf die Bibel sowie zur antiken Mythologie in ihren Texten. „I’m a sign of words / and I read ‚BEWARE'“, warnt Bo Orr in Volume Peaks, das schwebend zu Beginn ist und sich am Ende in einen Berserker verwandelt, der alles zerstören will. In Hello Transmission beweisen sie, dass man zugleich stoisch und durchgeknallt sein kann, der Sound dazu vermittelt einen Eindruck davon, was passieren könnte, würde John Lydon als neuer Frontmann bei Arcade Fire einsteigen.
Silent Oath lässt keinen Zweifel daran, dass wir es hier mit Predigern zu tun haben, genauso sicher weiß man, dass man Arbor Labor Union lieber nicht folgen sollte, wenn man wirklich Wert auf sein Seelenheil legt. In Belief’d zeigt die Band, dass sie um die Kraft der Wiederholung weiß und zudem ein perfektes Gespür dafür hat, wann innerhalb dieser Wiederholung eine Variation nötig ist, um diese Kraft aufrecht zu erhalten. Der vielleicht beste Track des Albums ist I Am You: Der Song ist vage und unbedingt, existenziell und ungefähr – so hätte es vielleicht geklungen, wenn Franz Kafka schon Rockmusik gemacht hätte.