Beach Fossils Somersault Kritik Rezension

Beach Fossils – „Somersault“

Künstler*in Beach Fossils

Beach Fossils Somersault Kritik Rezension
„Somersault“ veröffentlichen Beach Fossils auf ihrem eigenen Label.
Album Somersault
Label Bayonet Records
Erscheinungsjahr 2017
Bewertung

Somersault ist das dritte Album von Beach Fossils und weist eine Besonderheit auf, die zunächst nicht sonderlich spektakulär klingt, sich aber schnell als zentral für die Klasse dieser Platte erweist: Sie erscheint auf Bayonet Records, der eigenen Plattenfirma, die Frontmann Dustin Payseur neuerdings gemeinsam mitt seiner Frau Kate Garcia betreibt. Sie sind jetzt quasi ihre eigenen Chefs, können selbst entscheiden, wie viel Zeit im Studio gebraucht wird und wann ein Lied wirklich fertig ist. Die 2009 gegründete Band aus Brooklyn hat das genutzt, um noch genauer an den Songs zu arbeiten als schon auf dem Debüt 2010 und dem 2013er Vorgänger Clash The Truth, zudem noch opulenter im Sound zu werden. Dabei wird der Sound von Beach Fossils in keinem Moment mit zu viel Kalkül überfrachtet. Somersault ist problemlos strandtauglich, vor allem perfekt für den Spätsommer.

Die Single This Year eröffnet das Album mit viel Jangle und einem sehr prominenten Bass. „Sun goes down / time goes on“, heißt in May 1st der schönste Refrain des Albums. So wie Closer Everywhere hatte man sich 1966 wahrscheinlich das Spätwerk von Brian Wilson vorgestellt. Saint Ivy ist vielleicht das Lied, das die Qualitäten von Somersault am prominentesten vereint: Es gibt tolle Streicher und ein Flötensolo, das ganze Arrangement wirkt perfekt ausgetüftelt, aber zugleich ursprünglich, zum Ende lässt Tommy Davidson noch ein Solo im Stile einer sehr originalgetreuen George-Harrison-Gitarre erklingen.

Diese Musik will gefallen und zuerst schön sein, nicht edgy oder cool – trotzdem ist keiner der Songs auf Somersault banal oder eindimensional. Social Jetlag verdeutlicht das auf typische Weise: Das Lied schmeichelt sich ein und entzieht sich zugeich. Be Nothing glänzt mit toller Dynamik, That’s All For Now könnte tanzbar sein, wenn Beach Fossils nicht die Eigenheit hätten, das Schlagzeug von Tommy Gardner im Mix sehr leise zu belassen.

Der Beat in Tangerine (mit Rachel Goswell) ist durchaus vorwärtstreibend, trotzdem bleibt die Atmosphäre fluffig, als sein man auf einem Segelboot, das unerwartet schnell vorankommt, aber in sehr ruhighem Wasser und bei strahlendem Wetter. Auch Rise profitiert von einer sehr schönen Gaststimme (in diesem Fall: Cities Aviv), zudem von ganz viel Saxofon. Die Single Sugar wird ausnahmsweise etwas muskulöser, weil der Bass von Jack Doyle Smith hier stärker als Rhythmus- denn als Melodieinstrument eingesetzt wird.

Zum Gelingen von Somersault tragen auch die Texte bei, die oft aus einem Dazwischen kommen, häufig Übergang und Unentschlossenheit thematisieren, viele Nicht-Orte und Nicht-Zeiten beinhalten. Down The Line zeigt das am deutlichsten, Dustin Payseur singt da über jemanden, für den er in erster Linie die telefonische Kummerkastentante ist (und umgekehrt), was sich dennoch wie eine erstaunlich intime Beziehung anfühlt. Vielleicht das wichtigste Motiv ist die Ablehnung, ohne etwas an die Stelle des Abgelehnten stellen zu können. Es bleibt eine Leerstelle, die Beach Fossils wunderschön zelebrieren.

Als ziemlich lauffaul erscheinen Beach Fossils im Video zu Sugar.

Website von Beach Fossils.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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