Künstler | Ben Howard | |
Album | I Forget Where We Were | |
Label | Island | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Wenn man böse ist, könnte man anmerken: Einen solch lahmen Opener für das zweite Album kann man sich wohl nur erlauben, wenn man mit dem Vorgänger (Every Kingdom aus dem Jahr 2011) eine Million Exemplare abgesetzt, eine Nominierung für den Mercury Prize und zwei Brit-Awards eingeheimst hat. Small Things, das erste Lied von Ben Howards neuem Album, ist erschütternd halbgar. Er singt wie eine männliche Tanita Tikaram, die Musik verweist immer auf Drama, Ausbruch und Beschleunigung, ohne dass irgendetwas davon eintreten würde. Dass sich diese Unentschlossenheit auch im Text (inklusive der bezeichnenden Zeile „Is it all so very bad?“) wiederfindet, rettet das Lied auch nicht.
Viel schwächer hätte der Auftakt für I Forget Where We Were nicht ausfallen können. Die Befürchtung, Ben Howard hätte vielleicht tatsächlich schon mit seinem ersten Album all sein Pulver verschossen und jetzt nichts mehr nachzulegen, zerstreut der 27-Jährige aus Devon dann aber schnell. I Forget Where We Were (das in England die Spitze der Charts erreicht und die Deutschland zumindest an den Top10 gekratzt hat) ist ein sehr würdiger Nachfolger für Every Kingdom.
Auch hier kann man die Kreativität und Leidenschaft manchmal kaum fassen, die in diesen Songs steckt. Howard ist eindeutig gewillt, Klassiker zu erschaffen – gleichzeitig betrachtet er die Gitarre offensichtlich tatsächlich noch als ein Instrument, aus dem man etwas Neues herausholen kann.
Rivers In Your Mouth ist auf eine zappelige Weise schwebend, wie eine traumatisierte Inkarnation von Darwin Deez. Wenn Tracy Chapman als Sängerin bei den frühen Coldplay eingestiegen wäre, hätte man vielleicht mit einem Song wie Conrad als Ergebnis rechnen können. In Dreams dürfte Paul Simon genauso gut gefallen wie Nick Drake. She Treats Me Well verbindet eine einfache Botschaft mit großer Musikalität. I Forget Where We Were ruht auf wundersame Weise in sich selbst.
Das Album hat ein paar Längen und ist deutlich düsterer und experimentierfreudiger als der Vorgänger, aber immer wieder ist es die Atmosphäre, die besticht. Wenn herab fallende Herbstblätter komponieren könnten, würden sie bestimmt Lieder wie Evergreen spielen. Obwohl man in End Of The Affair eine Gitarre und einen Bass hört, scheint das einzige Instrument, das Ben Howard hier spielt, doch sein eigenes gebrochenes Herz zu sein – das theatralische Finale wirkt dabei zunächst befremdlich, bis man erkennt, dass sich hier Wut und Schmerz über das Ende einer Beziehung ungestüm Bahn brechen.
Time Is Dancing hat eine unterschwellige Spannung, sogar eine Spur Leichtigkeit, und dazu die schönsten Zeilen auf diesem Album: „Hold on the cliches / they are tipping my tongue to tell you that it’s love.” Der Schlusspunkt All Is Now Harmed kommt aus dem Ungefähren, schlägt dann den Weg in Richtung „hymnisch“ ein und bleibt – sehr clever – kurz vor dem Ziel doch stehen.
Es ist gerade der enorm hohe Anspruch von Ben Howard, der I Forget Where We Were in Zeiten wie diesen so besonders macht. Es gibt hier keine bequeme Ironie, keine knalligen Beats und keine wohlfeilen Slogans. Sondern das, wofür die Briten das wunderbare Wort „craftsmanship“ erfunden haben, Klanggemälde und Poesie.
Ben Howard spielt End Of The Affair live bei Jools Holland.
Ben Howard live in Deutschland:
21.11.2014 Köln – Palladium
24.11.2014 Frankfurt – Jahrhunderthalle
25.11.2014 Hamburg – Sporthalle
27.11.2014 Berlin – Tempodrom
28.11.2014 München – Tonhalle
Ben Howard in Köln 21.11.2014
Das Konzert war weder genial noch optisch super. Es war schlicht eine Zumutung, was sich die zwei “Beleuchter” haben einfallen lassen.
Nur wenige Sekunden konnte man die Akteure auf der Bühne erkennen. Man wurde als Zuschauer nur geblendet und die Musik hätte auch von der Platte kommen können.
Einem lustlosen Ben Howard gelang der Kontakt zum Publikum überhaupt nicht, und nach dem Runterspielen der neuen Titel war nach einer kurzen Zugabe auch schon Schluß.
Nach einer Stunde und 15 Minuten war das ganze Konzert eine Frechheit. Für diesen Soundbrei mal schnell in Köln abkassieren (es war ausverkauft) war eine Frechheit!
Talent ist eben nicht alles!
Drawoh