Künstler | BRKN | |
Album | Kauft meine Liebe | |
Label | Beste | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Wie nennt man das noch mal, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht übereinstimmen? Mist? Luftnummer? Lächerlich? Ab übermorgen gibt es in jedem Fall eine neue Antwort auf diese Frage. Sie heißt Kauft meine Liebe.
Andac Berkan Akbiyik a.k.a. BRKN legt dann sein gleichnamiges Debütalbum vor. Der 25-Jährige war zuvor als Produzent oder Featuregast unter anderem für KIZ, Mach One oder Said im Einsatz, im vergangenen Jahr schon mit der EP Yeah Bitch Yeah rausgekommen und kürzlich im Vorprogramm von Alligatoah auf Tour. Dass Kauf meine Liebe in puncto Produktion kein bisschen anfängerhaft klingt (siehe beispielsweise California 61), ist der erste von zwei Pluspunkten dieser Platte. Der zweite ist die Stimme von BRKN, die man gerne in die Schublade „Max Herre mit mehr Swag“ packen darf.
Aber quasi alles andere an diesem Album ist zum Haareraufen. Die ersten Wörter lauten „Was geht ab, Dicker?“ und auf diesem Niveau von Tiefgang bleibt Kauft meine Liebe dann auch. BRKN bietet ausgelutschte Drogenmetaphern (Karussell), Funk für Leute, die lieber Shisha rauchen als tanzen (Genieß), oder ganz oft einfach nur ultimative Planlosigkeit wie in Song über irgendwas. Die Musik ist auf Dauer eintönig (Orientierungshilfe: Jan Delay auf Schmalspur), die Texte zeigen einen jungen Mann, der seine Gedanken nicht ordnen kann und das mit Poesie verwechselt.
„Ich will hier gar nicht die Philosophen markieren“, singt BRKN in Warmup 2, und das, fürwahr, nimmt man ihm ab, auch wenn die in diesem Track propagierte Zuversicht ausgerechnet von extrem lahmer Musik begleitet wird. Auch in Macht nichts steckt wieder der Aufruf, die Dinge locker zu sehen (getragen von einem simplen Piano-Hook à la No Diggity oder I Need A Dollar), aber der plumpe Text lässt sogar Cro wie einen großen Dichter aussehen.
BRKN hat immerhin erkannt, dass Kumpels wichtiger sind als Glamour (Hollywood 36), dass Konsum kein Ersatz für Sinn sein sollte (Neu) und dass Kim Kardashian ein ziemlich fragwürdiges Vorbild ist. Er hat auch manchmal einen guten Einfall: „So was wie Du sollte nicht Bus fahren / sondern Mustang“, singt er in Auto. Diese Zeile ist die beste Idee des Albums, und er reizt sie dann auch mit möglichst vielen Wiederholungen aus. Aber der Rest ist wirr wie 30 Grad (auch ein Lied über Unbeschwertheit muss man nicht so flach und dumm klingen lassen), peinlich wie die Möchtegern-Hedonismus-ohne-Geld-Hymne Pleite aber geil oder Krieg, der Tiefpunkt von Kauft meine Liebe: Es geht darin um Rache und Gewalt, und man weiß nicht, ob man diesen schlimmen Kitsch oder diese krude Gedankenwelt bedenklicher finden soll.
Besonders traurig ist, dass der Mann aus Berlin-Kreuzberg die Widersprüche nicht bemerkt, die in seiner Musik stecken. Er will Macho sein und Härte zeigen und kritzelt dann auf die CD handschriftlich Sätze wie „Ich hoffe, dass meine Musik dem einen oder anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann.“ Geht es noch uncooler? Er hält in seinen Texten Heimat, Freunde und Familie hoch – das sind erstaunlich konservative (und kleingeistige) Werte für jemanden, der sich offenkundig als unangepasst, anti und gerne auch ein bisschen Gangsta geben möchte.
Trauriger Höhepunkt dieser Selbstüberschätzung ist die großspurig L’Acoustique betitelte zweite CD, die dem Album beiliegt: Es gibt einige der Tracks darauf noch einmal, mit stümperhaftem Klavier und so wenig Substanz, dass selbst die sonst meist angenehme Wirkung des Gesangs ins Gegenteil verkehrt wird. Das ist dann nicht mehr nur ärgerlich, sondern schon nervig.