Künstler | Chain Wallet | |
Album | Chain Wallet | |
Label | Jansen Plateproduksjon | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
„Can’t you see / we’re not making any sense at all?“, singt Frontmann Frode Boris in Faded Fight. Es ist im doppelten Sinne eine treffende Warnung für seine Band Chain Wallet. Zum einen ist der leicht nebulöse Gesamteindruck auf dem Debütalbum der drei Jungs aus Bergen in Norwegen stets viel wichtiger als das Konkrete. Zum anderen bekommen es Chain Wallet durchweg hin, Melancholie und Euphorie so geschickt zu vereinen, dass man nie beantworten könnte, wohin das Pendel ausschlägt oder welche dieser Stimmungen nun den Kern dieser Band ausmacht.
Besagtes Lied gehört zu den eher heiteren der insgesamt zehn Tracks, hüllt seine fröhliche Melodie aber ein in ein Gewand aus Schwermut. Auch in Shade, das vergleichsweise viel Punch hat, zeigt sich dieser Effekt, ebenso in Muted Colours, das Boris singt, als sei er soeben einem John-Hughes-Film entsprungen. „We want to capture the acute distress of an afflicted character; his self-indulgent pity, gradual loss of touch with reality and his forlorn attempts on returning to normal life. The abrupt disintegration unveils interesting tensions between urgency and inertia. The album is about fragmented memories, unfulfilled ambitions and the quiet whisper of a stranger“, erklärt der Chef der Band den Ansatz bei Chain Wallet.
Die Ergebnisse lassen sich gut in der Nähe von Wild Nothing oder Diiv verorten, die Norweger bringen aber zugleich einen sehr hohen Wiedererkennungswert und eine klar definierte, eigene Ästhetik mit. Remnants Of A Night ist typisch für ihren Sound: Am Anfang klingt der Song, als ob die alte C-86-Kassette leiert, danach könnte man glauben, die Smiths hätten sich mit The Cure zusammengetan, um Duran Duran die Dauerherrschaft in den Charts der Achtziger streitig zu machen.
Dass bei aller Zurückhaltung und Entrücktheit inklusive reichlich Hall und schickster Shoegaze-Atmosphäre doch reichlich Eingängigkeit in den Liedern der drei Norweger steckt, macht den Reiz dieses Debüts aus. Stuck In The Fall beweist das besonders eindrucksvoll: Wäre da nicht dieser Schleier wie aus einem wehmütigen Traum, könnte man sich den Song sehr gut als Hit im Oeuvre beispielsweise von Everything Everything vorstellen. Darin liegt der Charme von Chain Wallet: Ihre Musik ist jugendlich und unschuldig, aber ohne Ungestüm – weil in ihr bereits mehr als eine Ahnung steckt, dass der Rest des Lebens vielleicht viel mehr Enttäuschung als Glück bringen wird.