Künstler | Damien Jurado | |
Album | Visions Of Us On The Land | |
Label | Secretly Canadian | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Irgendetwas hat Damien Jurado da wohl nicht mitbekommen. Er soll sein neues Album Visions Of Us On The Land anpreisen. Stattdessen redet er im Presse-Info die ganze Zeit über sein 2012 erschienenes Werk Maraqopa. Das hat zwei Gründe: Zum einen geht er so sehr auf in seiner Kunst, dass ihm so etwas wie eine Vermarktungsstrategie wahrscheinlich wirklich schnurz ist. Zum anderen hat er festgestellt, dass er quasi unbewusst eine Trilogie gemacht hat, die mit Maraqopa beginnt und über die Fortsetzung Brothers And Sisters Of The Eternal Son (2014) nun mit der neuen Platte ihren Abschluss findet.
Der erste Teil davon sei eigentlich als „a quick snapshot“ gedacht gewesen, sagt Damien Jurado. „But it’s become something that lives in a huge way in my conscience. Maraqopa is this peaceful place I can go to in my mind. A little bit psychedelic, but you’re not using substances. The brain is such a powerful thing. In that uncharted territory I was able to tap in and find this place. Which was called Maraqopa. Similar to the fictional towns in television or books.”
Zu den gemeinsamen Eckdaten der drei Alben gehören die Themen (Weltflucht, Suche nach universellen Wahrheiten), der Produzent (Richard Swift) und der Sound, der auch auf Visions Of Us On The Land sehr einheitlich und zudem oft opulenter und komplexer ist, als man es im ersten Moment wahrnimmt.
Schon im Auftakt November 20 erzeugen Schlagzeug, Cello und Gitarre eine Dramatik, zu der die leicht verschlafene Stimme gar nicht zu passen scheinen will. Auch das folgende Mellow Blue Polka Dot ist eher ein Spiel mit Stimmungen, Dynamik und Lautstärke als ein Song mit klassischen Strukturen. Der Drive von Lon Bella, der wunderbar sanfte Shuffle von ONALASKA (die Versalien sind hier wahrscheinlich wichtig, so wie ich Damien Jurado kenne) oder das ebenso erhebende wie zurückhaltende Cinco De Tomorrow sind ebenfalls Beispiele dafür.
Exit 353 klingt wie die Flaming Lips, wenn sie ihre Angeberei abschalten könnten. QACHINA wirkt wie Nick Drake im Tropicana-Modus – und das ist gar nicht so schlimm, wie es klingt. Sam And Davy könnte den psychedelischsten Momenten von Neil Young entsprungen sein, und klingt wie viele Lieder der Platte eher nach „in den Wolken“ als nach dem im Albumtitel erwähnten „on the land“. Der namenlose Protagonist, der durch alle drei Platten wandert, “is living out what he thinks is a reality in his unconscious state. But the guy doesn’t even know he’s in a coma! Wouldn’t that be strange, if your death was really you waking up? This is what Maraqopa embodies”, erklärt Damien Jurado (schon wieder mit Verweis auf das 2012er Album) diesen Zustand.
Der Quasi-Titelsong On The Land Blues ist ein Blues dann auch eher in der Geisteshaltung als im Takt oder der Akkordfolge. AM. AM. zeigt, wie fluffig ein Liebeslied sein kann, ohne an Glaubwürdigkeit einzubüßen. Und so entspannt, hingehaucht und schön wie And Loraine sollten alle Lieder sein, in denen das Wort „California“ vorkommt.
Noch eine Gemeinsamkeit mit seinen beiden Vorgängern offenbart Visions Of Us On The Land beim mehrfachen Hören: Vieles ist getragen, aber immer ein Stück zu außergewöhnlich, um den Hörer einzulullen. Und der entzückende Schlusspunkt Kola offenbart dann auch den Schlüssel zur Klasse dieses Albums: einfach gute Songs.