Der Wolf – „Turbo Funk“

Künstler Der Wolf

Der Wolf Turbo Funk Kritik Rezension
„Turbo Funk“ ist das erste Album des Wolf seit 16 Jahren.
Album Turbo Funk
Label Bounty Records
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Was haben deutscher HipHop und Pokémon Go gemeinsam? Vor 25 Jahren war die Vorstellung, ganze Horden junger Menschen würden durch die Welt laufen, mit einem tragbaren Telefon in der Hand, auf dessen Display sie virtuelle Monster suchen, genauso absurd wie die Idee, jemand aus Dortmund, Rostock oder Stuttgart könnte mit der Musik reüssieren, die als schwarzer Sound der amerikanischen Großstadt entstanden ist.

Wie sehr die HipHop-Fans der ersten Stunde mit deutschen Texten fremdelten und wie groß die Widerstände waren, die von den Pionieren des Genres hierzulande überwunden werden mussten, kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Außer man hört Turbo Funk, das übermorgen erscheinende Comeback-Album von Der Wolf. Die Platte bestätigt alle Befürchtungen, die man damals haben konnte: Dieser Rap ist steif, aufgesetzt, peinlich und provinziell. Beim ersten Hören dominiert noch das Fremdschämen, ab dem zweiten Durchlauf wird es dann nur noch nervig.

Zum Auftakt beteuert Der Wolf in Darf ich vorstellen noch selbst: Ich bin schon seit 30 Jahren Rap-Fan! Er thematisiert dann den eigenen Niedergang und macht als Grund dafür ausgerechnet die Tatsache aus, er sei zu innovativ und ambitioniert für den Geschmack seiner Plattenfirma (und des Publikums) geworden. Dass es nach dem Erfolg von Das Album (1997) aber mit Musik aus (M)Einem Jahrzehnt (1998) und Was soll ich sagen (2000) stetig bergab ging, lag ganz offensichtlich eher an mangelnder Substanz, zu wenig Talent und einer unglückseligen Kombination aus zu wenig Interesse an Schulbildung, die er in seinem Hit Oh Shit – Frau Schmidt einst selbst thematisiert hat – viel zu frühem Ruhm und viel zu viel Dope. Von einer Weiterentwicklung kann keine Rede sein: Große Teile von Turbo Funk klingen wie der vollkommen uncoole Baukasten-Pseudo-HipHop, den Stefan Raab vor 20 Jahren gemacht hat.

Die Platte bietet ein paar Gäste und integriert Elemente von Jungle, Reggae oder Elektro-Swing, kann aber nie ihren amateurhaften Charakter ablegen. Arm ab, als Battle-Rap angekündigt, ist stattdessen ein treffendes Beispiel für die lahmen Beats und die einfallslose Musik auf diesem Album, die klingt, als sei sie mit einem billigen und sehr alten Soundprogramm gebastelt worden. Die Texte sollen wohl, siehe Einerseits/Andererseits, „mitten aus dem Leben“ kommen, was aber bloß zur Folge hat, dass sie an Banalität kaum zu überbieten sind. Selbst wenn man das Glück hat, die Raps nicht zu verstehen, klingen Tracks wie Trust The DJ unfassbar gestrig. Vielleicht liegt das auch an der Entstehungsgeschichte von Turbo Funk: Ein Comeback des Dortmunders war schon für 2007 angekündigt, das geplante Album Wolf GTI kam dann aber nie heraus. Womöglich hat Der Wolf hier einige der damals eingemotteten Tracks wieder hervorgekramt.

Dass Der Wolf, der eigentlich Jens Albert heißt, immerhin noch schnell rappen kann, zeigt er in Meet Me Pon Di Dancefloor, das ansonsten völlig überflüssig ist. Sie hat nichts weiter als das Radio an (mit Sista Silk) und Wolf GTI (mit Cosmo Klein) deuten an, dass es immerhin manchmal eine halbe gute Idee pro Lied gibt und werden so schon zu den Höhepunkten von Turbo Funk.

Der Rest ist so dünn und dumm, dass sich schnell drei wichtige Fragen stellen: 1. Wer hätte gedacht, dass man sich mal wünscht, man hätte lieber eine Platte von Bürger Lars Dietrich aufgelegt? Die Antwort: Womöglich nicht einmal Bürger Lars Dietrich selbst. 2. Welche Plattenfirma meint bloß, dass die Welt auf so schlechte Texte und so altmodische Scratches wartet? Die Antwort: keine. Der Wolf hat mit ein paar Kumpels ein eigenes Label namens Bounty Records gegründet, auf dem das Album nun erscheint. 3. Warum macht ein fast 43-Jähriger eine Platte, auf der er sich 16 Jahre nach seinem letzten Album und 20 Jahre nach seinem letzten Hit freiwillig immer wieder als WegVomFenster inszeniert, inklusive eines Booklets, das ausschließlich Fotos aus seiner Erfolgszeit enthält, und eines Remakes von Gibt’s doch gar nicht als traurigem Schlusspunkt? Die Antwort: Vielleicht denkt Der Wolf, die Sache mit dem HipHop sei das Einzige, was er kann. Aber das stimmt nicht. Er kann’s nicht.

Ein „bisschen Bling-Bling“ bietet das Video zu Wolf GTI.

Der Wolf bei Facebook.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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2 Gedanken zu “Der Wolf – „Turbo Funk“

  1. ZUM GLÜCK ist Musik Geschmacksache! Dieses Album von Der Wolf gefällt mir ausgezeichnet; geilo Beats, feiner Sound, coole Lyrics! Auch wenn ein paar Hater (erstmal besser machen, sage ich da nur! // und ist schon klar: reisserisch & tendenziös schreiben ist EUER JOB & Ihr braucht auch ein paar witzig formulierte Sätze; ansonsten: ADIEU!) was anderes schreiben: Bildet Euch Eure eigene Meinung, hört die Platte mal an, ganz durch & entscheidet dann. Von mir gibt’s Daumen hoch & big compliments an den Wolf & seine Crew! Cheers Dub Vanessi

  2. An alle die keine Ahnung haben von geilen scratches, speedingen Flow und Dortmunder mucke…. turbo funk is fett und geil…. und ihr geht ma zurück in euer Kinderzimmer…. DJMK…. der Kurs ist vorherbestimmt und man kann ihn nicht ändern…

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