Künstler | Drowners | |
Album | On Desire | |
Label | Frenchkiss Records | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
„Musik im besten Sinne bedarf weniger der Neuheit, ja vielmehr je älter sie ist, je gewohnter man sie ist, desto mehr wirkt sie“, hat Goethe einmal gesagt.
Drowners aus New York haben das auf meisterhafte Weise verstanden. Es ist nicht so, dass ihr Sound gewöhnlich oder frei von Überraschungen sei. Das galt auf dem selbstbetitelten Debüt, und es gilt auch auf dem heute erscheinenden zweiten Album. Aber On Desire hat eine Qualität, die man trotzdem sofort zu schätzen weiß: Die Platte klingt vertraut und zugleich aufregend.
Frontmann Matthew Hitts, Jack Ridley III (Gitarre & Gesang), Erik Lee Snyder (Bass) und Daniel Jacobs (Drums) bieten hier reichlich Power, Klasse und Coolness. Die erste Single Cruel Ways ist ein gutes Beispiel: Der Song ist sehr straight und setzt nicht so sehr auf Finessen, sondern eher (der Albumtitel ist sicher kein Zufall) auf Leidenschaft, aber das funktioniert blendend.
Der Schlusspunkt Don’t Be Like That ist ziemlich sicher die Sorte von Lied, die Fans von Mando Diao gerne auf dem letzten Album der Schweden gehört hätten. Human Remains steht den Songs der späteren Arctic Monkeys (mit ihnen waren Drowners bereits auf Tour) in nichts nach. Pick Up The Pace hat eine hübsch-melancholische Melodie und etwas Smiths-Jangle (Claudius Mittendorfer, der On Desire produziert hat, betreute auch schon Platten von Johnny Marr), vor allem aber reichlich Romantik und den Willen, sich für diese auch aufzuopfern, wie man das etwa bei den Libertines so liebte.
Ein Lied wie Someone Else Is Getting In zeigt, wie selbstbewusst Drowners im sechsten Jahr ihres Bestehens sind: Das ist nicht nur sehr stürmisch, sondern auch erfreulich wenig daran interessiert, Kategorien wie Underground und Credibility einem guten Song im Weg stehen zu lassen. Auch Conversations With Myself setzt auf einen sehr großen Sound, aber die Komposition ist stark genug, um das zu rechtfertigen.
Dreams Don’t Count kommt schön und voller Wärme daher wie die Songs der Last Shadow Puppets, aber mit genug Widerhaken, um sich nicht im Wohlklang zu verlieren. Trust The Tension, das ein bärenstarkes letztes Drittel dieser Platte einläutet, bringt noch einmal alle Stärken zusammen, die Drowners hier ins Feld führen: Der Bass ist eher an Unerbittlichkeit interessiert denn an Groove, die Gitarre sorgt für die nötige Eleganz, das Keyboard für die nötige Gefahr, der Gesang von Matthew Hitts ist auf wundersame Art zugleich weise und sexy.
Wer seine Gitarrenmusik zugänglich, clever und kraftvoll mag, darf für Drowners schon einmal einen Platz in der Liste mit den Alben des Jahres freihalten. Und wer eine ganz einfache Umschreibung für den Sound von On Desire sucht, der darf sie auch bekommen: Franz Ferdinand auf Anabolika.