Künstler | Empire Escape |
Album | Colours |
Label | Velocity Sounds |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung |
Gleich zweimal mussten die vier Berliner von Empire Escape den Ausbruch wagen, um bei ihrem Debütalbum Colours anzukommen. Zunächst galt es, eine Sackgasse zu erkennen: Hendrik Schäfer (Gesang und Gitarre), Michael Jobs (Schlagzeug), Ihno Homma (Bass) und Julius Rothlaender (Gitarre) waren eigentlich in Sachen Postrock unterwegs, vereint in einer Kombo namens Ikaria. Im Jahr 2011 trugen sie diese Band zu Grabe, weil sie feststellten (in einer Bar in Liverpool namens „The Empire“), dass sie nicht mehr dem entsprach, was sie eigentlich ausdrücken wollten.
Nach der Umbenennung in Empire Escape erfolgte der zweite Ausbruch dann aus Berlin in Richtung Schweden: In der Nähe von Malmö in den Aerosol Grey Machine Studios (die übrigens Christoffer Lundquist gehören, einem wichtigen Wegbegleiter der späteren Phase von Roxette) nahmen sie ihr Debütalbum auf, mit Produzent Mathias Oldén (Logh) und Pelle Gunnerfeldt (Refused, The Hives, The Knife), der Colours abgemischt hat.
Das Ergebnis ist eine okaye, mitunter ungewöhnliche Poprockplatte, die vor allem davon lebt, dass sie auf überraschende Weise Gegensätze vereint. Colours kennt deutsche Schwermut und skandinavisches Pop-Appeal, die Ausgelassenheit der Shout Out Louds ebenso wie die Dunkelheit der Editors.
Mit einem hymnischen Refrain à la White Lies wartet der Opener Oui auf. Auch Lightships zeigt, dass Empire Escape etwas von eingängigen, mitreißenden Momenten (und von Beschleunigung) verstehen. The Smiths sind ein nicht zu überhörender Bezugspunkt, deren Theatralik und Grandezza etwa in Magnolia oder in New York Movie durchklingen.
Trost ist ein wichtiges Thema auf diesem Album („Don’t worry my dear / we’ll take care of it all“, singt Schäfer beispielsweise in Divine), inklusive der Frage, ob man an ihn glauben soll. In There Will Be Blood klingt Schäfer wie ein düsterer Verführer, der aber immer wieder auch sein eigenes Herz bricht. Silhouettes wird sehr elegant, The Past Is A Strange Place profitiert von einer schrägen Orgel (und starken Anleihen bei der Melodie von U2s Sunday Bloody Sunday).
Ganz oft beginnen die Tracks auf diesem Album plakativ, mit einem nackten Schlagzeugbeat oder einem markanten Gitarrenriff, um sich dann schnell in ein Geheimnis zu hüllen und sich schließlich doch wieder in Richtung Euphorie zu bewegen. The Chemistry Of Colours mit dem ermutigenden „Sing on, sing on!“ im weit ausholenden Refrain ist ein gutes Beispiel für die Kraft, die Empire Escape mit diesem Rezept entfachen können, für gekonnte Arrangements und für einen sehr organischen Sound, zu dem auch die Tatsache beiträgt, dass komplett auf analogem Equipment aufgenommen wurde. „Es war kein klinisch zusammengeschichtetes Zusammensetzen von Einzelspuren, sondern eine Band, die gemeinsam und live einspielt“, sagt Gitarrist Julius Rothlaender über die Aufnahmen in Schweden: „Fehler waren erlaubt, sogar erwünscht, Authentizität war wichtiger als Perfektion.“
Das luftige Constellations setzt auf große Worte, große Gesten und ein spannendes Finale und rückt damit ein bisschen in die Nähe von Glasvegas. Das Lied funktioniert in erster Linie wegen des Baritons von Hendrik Schäfer: Seine Stimme hat nichts Einnehmendes, aber eine große Autorität. Lines braucht kein hohes Tempo, um die brennende Ungeduld zum Ausdruck zu bringen, die man ob all der Vergänglichkeit empfinden kann, die uns umgibt. Am Ende des Albums zeigt das knapp sechsminütige Depart, dass die Berliner auch ihre Arcade-Fire-Lektion (Dramatik macht man mit sich aufeinander türmenden Gitarren, Chorgesang und möglichst vielen Trommelwirbeln) gelernt haben.
Das ist wirkungsvoll, aber manchmal auch ein bisschen zu epigonenhaft. Den Ausbruch haben Empire Escape mit Colours geschafft. Für die nächste Etappe wäre aber eine zusätzliche Dosis Abwechslung und Eigenständigkeit sehr willkommen.
In einem alten Gaskraftwerk wurde das Video zu The Chemistry Of Colours gedreht.
httpv://www.youtube.com/watch?v=PLLWtqkMNxs
Im Oktober sind Empire Escape sehr fleißig live unterwegs:
10.10.2013 Oberhausen – Druckluft
11.10.2013 Münster – Eule
12.10.2013 Dortmund – Subrosa
13.10.2013 Offenbach – Hafen 2
14.10.2013 Hannover – Kulturpalast Linden
15.10.2013 Göttingen – Pools
16.10.2013 Oldenburg – Polyester
17.10.2013 Hamburg – Astra Stube
18.10.2013 Kiel – Die Pumpe
19.10.2013 Lübeck – Tonfink
21.10.2013 Halle – Goldene Rose
22.10.2013 Mainz – Schon Schön
23.10.2013 Ilmenau – BD Club
24.10.2013 Berlin – Privatclub (+ special guest: Zelf)
26.10.2013 Chemnitz – Weltecho
27.10.2013 Leipzig – Werk 2 (+ I Am In Love)