Hingehört: Eskobar – „Magnetic“

Künstler Eskobar

Magnetic Eskobar Kritik Rezension
„Magnetic“ ist das erste Album von Eskobar seit acht Jahren.
Album Magnetic
Label Gibulchi Records
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

So richtig waren Eskobar nie weg. Trotzdem fühlt sich Magnetic, ihr morgen erscheinendes sechstes Album, ein bisschen wie ein Comeback an. Schließlich erschien der Vorgänger Death In Athens schon 2008, und zwar ohne größere Wellen zu schlagen. Danach verließ Schlagzeuger Robert Birming die Band, und man hätte das durchaus als einen weiteren Sargnagel für die Schweden halten können, die 2002 für Someone New (mit Heather Nova) immerhin noch eine Grammy-Nominierung eingeheimst hatte.

Die beiden verbliebenen Mitglieder hätten das vielleicht sogar verkraften können. Sänger Daniel Bellqvist ist schon eine ganze Weile im Nebenberuf als Modefotograf tätig. Frederik Zäll, der bei Eskobar die meisten Instrumente beisteuert, hat sich als Romanautor und neuerdings auch als Fernsehkoch etabliert.

Jetzt gibt es Magnetic, an dem die Band zwei Jahre lang gearbeitet hat, unterbrochen von einer Tournee im Vorprogramm von Roxette im vergangenen Sommer. Vieles am neuen Album klingt vertraut: Eskobar waren schon vor diesem „Comeback“ eher harmlos als spannend, eher okay als umwerfend. Diese Eigenschaften hat auch Magnetic, allerdings wirkt es mittlerweile – die Band feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen – beinahe bewunderswert, wie wenig sie versuchen, cool zu sein.

Das führt freilich auch zu ein paar Fehlgriffen. Untrap Yourself, schon 2014 als Single erschienen, steht am Anfang des Albums, will hymnisch und unbedingt ein Hit sein, bleibt aber genauso verkrampft wie später auch You’re My Choice. Auch, ausgerechnet, der Titelsong gehört zu den Schwachpunkten. Magnetic ist so langweilig, dass man Bellqvist das Bekenntnis „I’m powerless“, das vor dem Kompliment „and you’re magnetic“ kommt, leider sofort abnimmt.

Natürlich haben Eskobar aber auch nach wie vor gute Songs zu bieten. Wer Maroon 5 mag, wird ein Lied wie Grab Me lieben und vielleicht sogar erkennen: Wow, so geht also gelungene Gitarrenpopmusik! Escape sammelt immer in dem Moment, in dem es auszuplätschern scheint, neue Kraft. Minute After Minute ist ein richtig guter Song und Starlight bleibt in einer schönen Atmosphäre etwas zurückgenommen, was dem Duo sehr gut steht.

Wie früher neigt Daniel Bellqvists Stimme dazu, ein wenig nervig zu werden, weil er immer so nahe an der Überlastungsgrenze singt, dass man sich an einigen Stellen wundert, warum er es nicht einfach mal eine Oktave (oder wenigstens ein paar Halbtöne) tiefer versucht. Eine neue Qualität bringt Magnetic allerdings auch mit: Das Album ist abwechslungsreicher als alle früheren Platten von Eskobar.

Rocketship legt den Fokus auf den Beat – da haben sie offensichtlich bei den letzten Hits ihrer Landsleute von Mando Diao recht genau hingehört. To The Rescue überrascht mit Mundharmonika und Bongos. In We Had A Good Run, das unter anderem Computerspiel-Sounds einsetzt, wird der Einfluss des eher elektronisch geprägten Produzenten Oscar Harryson am deutlichsten. Und so viel Power wie in Our Song hat man selten von Eskobar gehört.

Magnetic ist damit keine Offenbarung und keine Neugeburt für Eskobar. Dafür gibt es immerhin ein paar nette Songs – und den Beweis, dass Zäll und Bellqvist trotz ihrer neuen Nebentätigkeiten noch genug Inspiration und Ehrgeiz für ihre Band übrig haben.

Das Video zu To The Rescue.

Website von Eskobar.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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