Künstler | Family Of The Year | |
Album | Family Of The Year | |
Label | Island | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Es klingt wie eine Fehlzündung. Make You Mine will beginnen, mit einem Schlagzeugbeat und einer angeberischen Gitarre, aber nach einem halben Takt scheint der Song zurückzuspringen und noch einmal neu zu beginnen.
Nichts könnte verkehrter sein als die Annahme, Family Of The Year hätten auf ihrem dritten Album so etwas wie Anlaufschwierigkeiten. Die Single am Beginn der Platte ist, nachdem der Trick mit dem halben Takt erst einmal geschafft ist, ein Raketenstart. „All the boys and all the pretty girls / Summertime, I’m gonna make you mine”, singt Joe Keefe und die Musik dazu ist tatsächlich die Verkörperung eines Traums von Sonne, Schwimmen und Strand.
Es ist ein programmatischer Auftakt für Family Of The Year, das zu einer enorm gut gelaunten Indiepopplatte wird. Sebastian Keefe (Schlagzeug und Gesang), sein Bruder Joe Keefe (Gesang und Gitarre), Christina Schroeter (Keyboards) und James Buckey (Gitarre) wissen ganz offensichtlich bestens, welche Rezepte in diesem Genre funktionieren und haben kein Problem damit, auf etablierte Formeln zu setzen. Trotzdem klingt das Album, das am Freitag erscheint und mit Produzent Gagel in Berlin entstanden ist, überaus inspiriert und lebendig.
Auch das ist keineswegs selbstverständlich, denn die vier Kalifornier tragen die Bürde des Hits Hero (2012) mit sich, der sich sagenhafte 300.000 Mal verkauft hat. Mit Ausnahme des Refrains des ansonsten wunderbaren Facepaint, der noch penetranter eingängig sein will als meinetwegen Teenage Dirtbag, lassen sie sich von der Erwartungshaltung nicht erdrücken, sondern machen Rückenwind daraus. „Nach dem Erfolg von Hero wussten wir, dass das neue Album von mehr Leuten gehört werden würde. Wir haben nicht versucht, irgendetwas wieder aufleben zu lassen, was wir in der Vergangenheit gemacht hatten. Wir haben einfach so geschrieben, wie wir es immer getan haben; sind ins Studio gegangen und haben Songs aufgenommen, die uns am Herzen lagen und haben uns dazu angespornt, etwas zu schaffen, das wir lieben“, sagt Joe Keefe.
Besonders merkt man das in den eher zurückgenommenen Momenten. Carry Me hat ein akustisches Fundament und eine extrem hübsche Leichtigkeit, der Schlusspunkt Hey Kid ist mellow und traumhaft. Das sanft nostalgische Dead Poets bettelt mit jedem Akkord darum, auf dem nächsten Robbie-Williams-Album sein zu dürfen.
Auch, wenn Family Of The Year es eine Nummer größer versuchen, machen sie fast alles richtig. We Need Love ist Stadion-Pop, der einerseits unverkennbar auf Teenagermädchen abzielt und zugleich zeigt, wie viel von einer hysterischen 13-Jährigen in uns allen steckt. May I Miss You klingt, als hätte jemand das Beste von Arcade Fire und Boygroup-Sound vereint. Blue Jean Girl ist berechenbar und plakativ, aber wenn da ein paar Tausend Fans mitsingen, dürfte es schwer werden, zu widerstehen.
Give A Little ist toller Indie-Pop – so wirkungsvoll, dass er bestimmt Eis zum Schmelzen und Babys zum Lachen und Wiesen zum Blühen bringt. „Es fühlt sich wie ein Traum an, zu einem Teil der Sommervorstellung von jemand anderem zu werden. Darum machen wir das“, sagt Sebastian Keefe, und Lieder wie dieses machen deutlich, was er damit meint. „Durch Musik versöhnen wir uns mit der Welt um uns herum. Unsere Musik hilft hoffentlich Menschen dabei, zu verstehen, dass man Erwartungen jederzeit trotzen kann, komme, was wolle.“
The Dance ist ein weiterer Höhepunkt. Christina Schroeter darf dabei die Lead Vocals übernehmen, und besser kann ein Song nicht klingen, der einen Hollywood-Abspann untermalen soll, direkt nach der Szene, wenn Junge und Mädchen endlich betrunken beim Abschlussball rummachen. Man kann echte Coolness darin ausmachen, aber auch echte Leidenschaft und sogar ein wenig Tragik. „Ich schreibe gerne komische Sachen, Dinge, die man nicht von uns erwarten würde, mit verrückten Textideen und einem Mix aus unkonventionellen Instrumenten“, sagt Joe Keefe. „Diesmal ist es eine düsterere, persönlichere Platte über Probleme und Menschen mit Problemen in meinem Leben. Ich wollte ehrlich zeigen, dass in der Schönheit auch Traurigkeit liegt.“ Hat geklappt.
Wenn Family Of The Year auf Tour sind, haben die Groupies am meisten Spaß, zeigt das Video zu Make You Mine.
Homepage von Family Of The Year.