Künstler | Fettes Brot | |
Album | 3 is ne Party | |
Label | Fettes Brot Schallplatten | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Auf Fettes Brot ist Verlass. Wenn sie betonen, Erfolg sei ihnen nicht so wichtig, dann lassen sie dieser Behauptung auch Taten folgen und nehmen ihre Single Nordisch By Nature vom Markt, als sie gerade die Charts stürmt (1995). Wenn ihnen ein Hamburger Innensenator nicht passt, machen sie ein Lied gegen ihn und verschenken es (2003). Und wenn sie eine „Trennung auf Probe“ verkünden wie Ende 2010, dann bedeutet das bei ihnen nicht (wie man normalerweise in so einem Fall annimmt), dass die Band ein für alle Mal im Arsch ist und sich bloß keiner traut, das zuzugeben. Es bedeutet tatsächlich eine Trennung auf Probe, mit der Option, sich wieder zusammenzutun, wenn man Lust darauf hat.
König Boris, Doktor Renz und Björn Beton haben es gerade einmal 18 Monate lang ohneeinander ausgehalten. Dann machten zwei von ihnen ein Lied und schickten es an den dritten Teil des Trios. Es war eine Einladung zur Wiedervereinigung, ein HipHop-Telegramm mit der Frage: „Na, kannst du uns noch widerstehen?“ Das Lied heißt Kannste Kommen und es wurde zur Keimzelle für 3 is ne Party, das morgen erscheinende siebte Album von Fettes Brot. Dass die musikalische Spam-Mail funktioniert hat, ist kein Wunder: Kannste Kommen (basierend auf If I Gave You A Party von Sexual Harassment) ist ein ausgelassener Kracher mit einem amüsanten NDW-Feeling und der Fähigkeit, die Fettes Brot beherrschen wie sonst allenfalls noch Die Ärzte: witzig und sogar albern zu sein, ohne dabei banal zu werden.
Es ist einer von ganz vielen Krachern auf dieser Platte, und auch für 3 is ne Party (der Albumtitel ist dem Andy-Warhol-Zitat „One’s company, two’s a crowd and three’s a party“ zu verdanken) gilt: Auf Fettes Brot ist Verlass. Wenn sie „Party“ sagen, dann steppt der Bär.
Dynamit & Farben ist ein Feger, wie man ihn sich auch von Deichkind vorstellen könnte, Mehr Gefühl klingt, als würden Earth, Wind & Fire zu Motivationstrainern mutieren, Josephine entwickelt sich nach einem Schmusepopbeginn zu einem echten Karneval, Toten Manns Disco ist geradezu aggressiv tanzbar und auch für Kalte Füße heißt das beste Gegenmittel: Tanzen. Der Höhepunkt in dieser Hinsicht ist Für immer immer. Der Beat will offensichtlich Jay-Z die Botschaft vermitteln, dass er sich lieber schon einmal ganz warm anziehen soll, der Refrain ist famos, hymnisch und von einer Unbeschwertheit, die jeden Fan von Cro (und auch den Rest der Welt) begeistern dürfte, und (gar nicht so) klammheimlich ist darin auch noch ein Antwortsong auf einen der größten Erfolge von Ingo Insterburg versteckt.
Unmusikalisch (der Refrain besteht nur aus den Buchstaben F und B, die lustigerweise in den Tonhöhen F und B skandiert werden) ist einer von vielen Momenten auf 3 is ne Party, der schon große Lust auf die 2014 anstehende Tournee von Fettes Brot macht. Zudem fällt auf, wie sehr sich der Sound des Trios weiterentwickelt hat: Die Musik hat mittlerweile mehr mit Daft Punk zu tun als mit Run DMC. Glichen Fettes-Brot-Platten früher einem Füllhorn an Wortspielen, Pointen und Weisheiten (von diesem Niveau sind die Texte mittlerweile leider ein bisschen entfernt, ohne freilich jemals in die Nähe von „schwach“ zu kommen), die man gut und gerne auch ohne Musik hätte genießen können, ist es heute eher vorstellbar, die Songs selbst als Instrumentals spannend zu finden.
Die Single Echo ist ein Fall, in dem sich Musik und Text kongenial ergänzen. Der Opener Wackelige Angelegenheit gehört ebenfalls dazu, denn passend zur Erkenntnis, dass das Leben eine wackelige Angelegenheit ist, klingt der Rhythmus, als bestehe er eher aus Holpern und Aussetzern denn aus tatsächlichen Beats.
KussKussKuss wird eines von etlichen Liedern, die außerhalb des Fettes-Brot-Universums keinerlei Sinn machen würden, innerhalb aber überzeugend und spaßig werden und damit beweisen, wie nachhaltig dieses Trio in 20 Jahren Sprechgesang seinen Stil etabliert hat (3 is ne Party sei „eine wahnsinnig typische Fettes-Brot-Platte“, hat Björn Beton passend dazu in einem Interview mit meinem Kollegen Agent Dexter gesagt). Auch Crazy World lässt aufhorchen. „An der Ecke steht ein Hochhaus / so groß wie ein Hochhaus / (…) und innen drin wohnt ein Elfjähriger / so groß wie ein Elfjähriger“, heißt es im scheinbar platten Refrain, doch nach knapp vier Minuten haben Fettes Brot aus dieser Feststellung des Offensichtlichen ein sehr cleveres Statement gegen Übertreibung, Oberflächlichkeit und Fake gemacht.
Am Ende von 3 is ne Party steht Klaus & Klaus & Klaus. König Boris, Doktor Renz und Björn Beton feiern in diesem sehr gewichtigen Schlusspunkt ihren Status, das Recht, einfach ihr Ding zu machen und nicht zuletzt den Spaß am Spaß. Und zugleich machen sie klar, was auch dieses Album untermauert: Alle, die Fettes Brot noch immer für Partykasper und infantile Rap-Leichtgewichte halten, machen einen riesigen Fehler. Weil sie nur einen winzigen Teil von der Wahrheit treffen.
Auch das Video zu Kannste kommen sieht aus, als würden sich Fettes Brot noch/wieder sehr gut vertragen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=TfbGsfZObYo
Anfang 2014 sind Fettes Brot auf Tour:
22.01.14 Bielefeld, Stadthalle
23.01.14 Dresden, Alter Schlachthof
24.01.14 A-Wien, Gasometer
26.01.14 CH-Zürich, Komplex
27.01.14 München, Zenith
28.01.14 Wiesbaden, Schlachthof
30.01.14 Dortmund, Westfalenhalle 2
31.01.14 Hannover, SwissLife Hall
01.02.14 Stuttgart, PorscheArena
02.02.14 Lingen, Emsland Arena
04.02.14 Bremen, Pier 2
05.02.14 Fürth, Stadthalle
06.02.14 Leipzig, Haus Auensee
07.02.14 Berlin, Columbiahalle
Ein Gedanke zu “Fettes Brot – „3 is ne Party“”