Künstler | Foster The People | |
Album | Supermodel | |
Label | Columbia | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Ein „Gefühl der Reise- und Entdeckerlust“, hat Mark Foster, Sänger und Kopf von Foster The People, als wichtigsten Bestandteil des zweiten Albums seiner Band ausgemacht. Das ist einerseits verständlich: Supermodel entstand in Studios auf drei Kontinenten, auch musikalisch gibt sich das Trio aus Los Angeles durchaus polyglott wie mit den verwirrenden Rhythmen und der afrikanischen Melodie in Are You Want You Want To Be? oder der mediterranen Gitarre in Nevermind.
Andererseits überrascht die Aussage trotzdem. Denn das eigentliche Leitmotiv für den morgen erscheinenden Nachfolger des Erfolgsalbums Torches (2011) scheint die Abwehr von Ruhm, Erfolg und Konsum zu sein. Mehr noch: Supermodel ist durchzogen von einer grundsätzlichen Erschütterung und Verunsicherung. Diese Platte kommt aus einer Welt, in der es keine Gewissheiten gibt.
Der Songtitel des bereits erwähnten Openers ist das erste Indiz dafür, doch praktisch jeder Text des Albums liefert weitere Beweise. „Is this the life you’ve been waiting for?“, heißt die Frage in Ask Yourself, das ebenso wie Are You Want You Want To Be? mit Greg Kurstin (einst als Hitschmied für Lily Allen im Einsatz) geschrieben wurde und ebenso wie dieser Track nichts weniger ist als eine strenge (und höchst unterhaltsame) Selbstprüfung.
So geht es weiter. „Sometimes I feel like I only dream in black and white“, heißt die verwunderte Erkenntnis der Single Best Friend, dazu gibt es Bläser, Discobeat und viel Schwung, sodass der Song irgendwo zwischen Earth, Wind & Fire und Hard-Fi landet. A Beginner’s Guide To Destroying The Moon („Now I’m starring at the moon / wondering why the bottom fell out“, ist hier die Zeile, die am besten die Desorientierung illustriert) könnte mit verzerrtem Bass, sattem Beat und exaltiertem Gesang auch den Smashing Pumpkins gut gefallen.
Die Single Coming Of Age ist eines von vier Liedern, das Foster gemeinsam mit Produzent Paul Epworth komponierte („Wir hatten keine Regeln festgelegt. Wir schrieben einfach so viel, wie wir in sieben Tagen eben schaffen konnten“, sagt Mark Foster über den Beginn der Zusammenarbeit in Marokko). Es ist ein schöner Popsong, der gekonnt so tut, als sei er gefährlich und hintergründig, wie das etwa auch The Virgins wunderbar beherrschen. Auch hier bleibt Vieles vage: „feels like…“, „I tend to…“, „it’s like a…“ lauten die Formulierungen, die das belegen. „It’s hard to know the truth“, erkennt Foster in Nevermind, „I don’t want to fall apart“, fleht er im akustischen Goats In Trees. Schließlich beginnt das programmatisch betitelte The Truth mit dem Bekenntnis: “I’ve been trying to re-learn my name”, was sich dann auf “I’ve been out of frame” reimt.
Das zweite Album, das den bösen, bösen Ruhm und das Leben im Rampenlicht verteufelt, ist kein allzu erfreuliches Genre. Aber Foster The People, die vor allem dank des Über-Hits Pumped Up Kids neun Millionen Singles und auch von Torches noch zwei Millionen Exemplare verkauft haben, finden hier einen sehr cleveren Weg, sich dort hineinzuschleichen, ohne wehleidig oder undankbar zu wirken. Ganz oft unterlegt das Trio seine Lieder mit fantasievollen, nervösen Percussions, sodass etliche der Stücke auf Supermodel wirken, als seien sie auf Treibsand gebaut.
Dazu kommen wunderbare Experimente, die wiederholt den Gedanken aufkommen lassen, dass Foster The People vielleicht die Platte gemacht haben, die man sich als zweites Album von MGMT gewünscht hätte. Pseudologia Fantastica gehört dazu, mit psychedelischer Strophe und einem erstaunlichen Boogie im Refrain, ebenso wie das folgende The Angelic Welcome Of Mr. Jones, einer acappella-Nummer in bester Beach-Boys-Manier.
Am Schluss haben Foster The People Fire Escape platziert, einen akustischen, warmen, zarten Kontrapunkt zum Rest des Albums. Das Lied enthält vielleicht den Schlüssel zur Frage, woher die Verunsicherung kommt, die hier allgegenwärtig ist: Es handelt vom Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit im Angesicht der Ewigkeit. Mit Supermodel hat das Trio allerdings einen ordentlichen Schritt in Richtung bleibender Werte gemacht.
Zeitraffer ist das neue Hobby von Foster The People. So auch im Video zu Best Friend.
httpv://www.youtube.com/watch?v=U-GmiTLbYb8