Künstler | Foxes | |
Album | All I Need | |
Label | Sony | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Foxes hätte genug Vorbilder gehabt, um sich mit dem zweiten Album richtig abzuquälen. Jetzt gibt es allerdings schon gut zwei Jahre nach ihrem Grammy für Clarity und knapp zwei Jahre nach ihrem Debüt Glorious einen Nachfolger. „All I Need war nicht das typische, zweite schwierige Album. Es fiel mir überhaupt nicht schwer, die Songs zu schreiben“, erklärt die 27-Jährige. „Für das Songwriting des ersten Albums hat man quasi sein ganzes Leben Zeit, das zweite musste natürlich viel schneller gehen. Ich brauchte etwa fünf Monate. Und ich muss sagen, dass ich auf diese Lieder extrem stolz bin – mehr als auf alle Songs zuvor, die ich geschrieben habe“, sagt die Engländerin, die bürgerlich Louisa Rose Allen heißt.
Man kann ihr Selbstbewusstsein verstehen. Erstens war es für Foxes mit dem Debüt blendend gelaufen. Zweitens hat sie auch für All I Need ausgewiesen zuverlässige Songwriting-Partner an ihrer Seite, etwa Jim Eliot (Ellie Goulding, Olly Murs), Dan Wilson (Adele, Pink, Birdy) oder Rick Nowels (Lana Del Rey, Lykke Li). Mit solch kompetenter Unterstützung ein gutes Pop-Album hinzubekommen, ist nicht mehr allzu schwer. Das Schwierige ist, ein besonderes Pop-Album hinzubekommen.
All I Need hat ein paar Passagen, in denen dieses Problem deutlich wird und Foxes an dieser Herausforderung scheitert. Beispielsweise im übertrieben bombastischen Feet Don’t Fail Me Now ist sie bloß ein besonders engagierter Marktschreier, was gar nicht nötig wäre, wenn die Songs diesen kleinen Tick besser wären, der den Unterschied zwischen „okay“ und „gut“ ausmacht.
Rise Up (Intro) ist so pompös und überflüssig, wie Intros nun einmal sind. Amazing ist etwas zu berechenbar, Wicked Love hat einen spannenden Start, aber einen misslungenen Refrain. Der Titeltrack All I Need traut sich die Intimität nicht zu, die daraus eine wirklich eindrucksvolle Ballade gemacht hätte. Und Shot Me Down kommt nicht ganz durch mit seinem Konzept, orchestrale Klänge mit House zu vereinen und dabei plakativ bis an die Grenze der Penetranz zu werden, wie man das von Lady Gaga kennt.
Der Track zeigt aber auch eine der Stärken dieser Platte, die Foxes schon auf Glorious unter Beweis gestellt hatte: Sie ist eine der ambitioniertesten aktuellen Pop-Künstlerinnen, und dieser Ehrgeiz bezieht sich nicht nur auf Ruhm und Erfolg, sondern tatsächlich auch auf die Musik. Better Love („Es sticht unter den Stücken heraus, es ist eins meiner absoluten Lieblingslieder auf dem Album“, meint Foxes) versprüht nicht nur ein bisschen Florence-Power. Einen Track wie Cruel hätte auch Rihanna nicht von der Bettkante gestoßen. On My Way dürfte jeden Fan von Lana Del Rey umhauen.
Manchmal sind die Songs nicht nur gut, sondern auch originell und individuell. If You Leave Me Now wird eine interessante Neukonzeption des angestaubten Konzepts namens „Powerballade“. Body Talk klingt nach Eighties im Sinne von Ladyhawke (also nach Fleetwood Mac) und wird gerade deshalb richtig gut, weil es (zumal für eine Single) nicht übertrieben spektakulär sein will. Devil Side wirkt, als hätte Miley Cyrus die Ernsthaftigkeit entdeckt. Mit Scar gibt es sogar ein Lied, das so etwas wie Zeitlosigkeit ausstrahlt, vor allem dank seiner wundervollen Melodie. Der beste Song ist das herrlich lebendige Money. Wer hätte gedacht, dass man einem Gedanken wie „Money can’t love you back“ mehr als 50 Jahre nach Can’t Buy Me Love noch so viel Frische abgewinnen kann?
All I Need ist damit eindeutig überzeugend – ein Pop-Album mit der richtigen Dosis Leichtigkeit, Abwechslung und Leidenschaft. Und auch wenn Foxes hier nicht ganz so besonders klingt, wie man das nach dem verheißungsvollen Debüt vielleicht erhofft hatte, so hat die Platte doch genug besondere Momente.