Künstler*in | Foxes | |
Album | Glorious | |
Label | Sony | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Natürlich sind die Eltern schuld. Das sind sie ja immer. So ist es auch bei Foxes. Die 24-Jährige hätte als Friseurin in ihrer Heimatstadt Southampton enden können. Doch sie wird mittlerweile von Katy Perry und Pete Wentz gelobt, beim SXSW gefeiert, für Grammy-prämierte Singles verpflichtet (von ihr stammt die Stimme auf Zedds Clarity) und von Fred Falke (Gossip, Ellie Goulding, U2, Annie) geremixt. Und all das lag ihr, ohne dass sie es ahnte, gewissermaßen im Blut.
„Ich habe neulich einige alte Babyvideos gesehen und es war ziemlich seltsam, wie ich da auf dem Boden herumtolle und im Hintergrund läuft diese eigentümliche Musik, die gar nicht so unähnlich klingt wie das, was ich heute mache“, erzählt Foxes. Die eigentümlichen Songs, von denen sie da spricht, kamen von den Acts, die ihre Mutter damals mochte: Björk, Kate Bush, Portishead. Damit sind ein paar gute Koordinaten für Glorious, das morgen erscheinende Debütalbum von Foxes, abgesteckt.
Im Vergleich zu diesen Vorbildern ist der Sound von Foxes (bürgerlich: Louisa Rose Allen) allerdings viel eingängiger. Die Entstehungsgeschichte ihres Künstlernamens deutet schon an, dass sie nichts dagegen hat, zu gefallen: „Foxes“ geht auf einen verrückten Traum ihrer Mutter zurück, in dem Füchse die schönste Musik der Welt aufführen. Glorious will diese Musik sein, es ist Pop, immer mindestens plakativ, oft sogar pompös. Man hört diesen Liedern an, dass Foxes eine Performerin ist („Ich war immer das Kind, das an Weihnachten auf dem Tisch stand und sang. Meiner ganzen Familie ging das ziemlich auf den Wecker. Ich sang The Little Mermaid und Celine Dion und alle lachten über mich“, lautet eine weitere Kindheitserinnerung), und dass der Gedanke an möglichst große Bühnen ihr ein Kribbeln der höchst angenehmen Sorte verschaffen dürfte.
Von einem so modernen, effektiven und pseudo-bedeutenden Popsong wie Beauty Queen kann Lady Gaga nur träumen. Der Titelsong ist groß genug für den Eurovision Song Contest, groß genug fürs Stadion, groß genug für den Olymp: Ein Klavier aus dem Hause Hurts, viel Hall auf dem Schlagzeug und am Ende ein Chor sind die Zutaten dafür; schamlos kalkuliert, aber sehr wirkungsvoll. Night Owls And Early Birds ist von vielen eingängigen Liedern auf diesem Album das eingängigste. Den Refrain der Single Let Go For Tonight (geschrieben zusammen mit Kid Harpoon) muss man geradezu als „ekstatisch“ bezeichnen. Der wuchtige Opener Talking To Ghosts lässt an Ellie Goudling auf einem Japan-Trip denken und die Single Youth hat die Sorte mitreißenden Beat, bei der man nicht von „Drums“ sprechen sollte, sondern von „Trommeln“.
Dieses Youth war eines der ersten Lieder, das der Zusammenarbeit von Foxes mit Produzent Ghostwriter entsprang. Foxes hatte sich von ihrer Schwester zu einem Umzug nach London überreden lassen, steckte gerade in ihrem zweiten Jahr an einer Musikschule und sammelte erste Live-Erfahrungen, als sie auf Ghostwriter traf. Mit ihm entdeckte sie dann eine ganz neue Ebene der Kreativität: „Ich sagte ihm, welche Sounds ich wollte und es machte einfach extrem viel Spaß. Wir trommelten zum Beispiel mit Löffeln, um Sounds zu erzeugen. Er kam wirklich nicht wie ein Produzent rüber, der versucht, einen Hit zu machen.“ Erreicht haben sie dieses Ziel trotzdem: Youth schaffte es im UK immerhin auf Platz 12 der Charts.
Das Schöne an Glorious ist, dass neben dem Hitpotenzial (und Aussetzern wie der hohlen Ballade Count The Saints oder der altbackenen Fließbandware Shaking Heads) auch Gewagteres steht. White Coats scheint eher auf die Clubs zu schielen als aufs Radio. Auch Echo ist in gewisser Hinsicht eine Ausnahme auf diesem Album. „Ich schreibe normalerweise keine Beziehungs-Songs“, sagt Foxes. „Aber dieses Lied entstand nach einem Streit mit meinem Freund. Der Text handelt von Menschen, die sich vornehmen, zu versuchen, eine Beziehung zu retten, bis nichts mehr davon übrig ist und immer noch daran festhalten, solange das Echo der Beziehung noch irgendwie wahrnehmbar ist.“ Das Lied spielt mit TripHop-Elementen und hat viel Feuer. Home lässt im Refrain an die Initialen-Vetterin Lily Allen denken, wagt sich in der Strophe aber auch deutlich in Richtung Björk vor. Gerade wegen dieser Ausflüge darf man wetten: Die Mama wird stolz sein.
Die Jugend, ohne Brimborium: Foxes singt Youth akustisch.
httpv://www.youtube.com/watch?v=Hl8ux0CgXJs