Künstler | Frank Turner | |
Album | The Third Three Years | |
Label | Xtra Mile | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
“Original songs, live takes, covers, digital only tracks and songs from tribute albums, iTunes sessions, guest spots and collaborations, unreleased or unheard demos and radio sessions – this is a must have for any Frank fans and collectors alike.” Dieser Satz steht im Begleittext der Plattenfirma zu The Third Three Years. Bei 99,99 Prozent aller Musiker wäre diese Behauptung ein klarer Beweis für Nepp, mit dem Ramschware und Nebensächliches noch einmal in klingende Münze verwandelt werden sollen. Nicht so bei Frank Turner.
Zum einen hat Frank Turner seine Fans bereits zweimal mit einer derartigen Zusammenstellung von Coverversionen, Neuinterpretationen oder alternative Versionen eigener Songs erfreut (The First Three Years 2008, The Second Three Years 2012), das Prinzip kann also bereits als liebgewonnene Tradition gelten. Zum anderen waren die vergangenen drei Jahre eindeutig die Blütezeit der bisherigen Karriere des 32-Jährigen. Das aktuelle Album Tape Deck Heart erreichte Platz 2 in den Charts seiner englischen Heimat, er spielte eine ausverkaufte Show in der Wembley Arena und stand bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele auf der Bühne.
Wer sich fragt, wie er das geschafft hat, findet auf The Third Three Years ein paar sehr einleuchtende Antworten. Starke Songs wie Plain Sailing Weather, das hier in einer reduzierten Version aus den Cutting Room Sessions zu hören ist, oder Broken Piano, das in der Demo-Version ebenfalls erst recht unterstreicht, wie gut diese Komposition ist. Eine Stimme, die manchmal aus nichts als Leidenschaft und Romantik zu bestehen scheint wie in Tell Tale Signs (hier aus einer iTunes-Session), Hits & Mrs (von der Losing Days EP) oder dem Sweet Albion Blues, in dem Frank Turner dank großer Dringlichkeit und Lokomotiven-Rhythmus fast wie ein Vorvater von Jake Bugg erscheint. Vor allem aber ein Selbstverständnis als Troubadour, als sozial engagierter Wandersmann, als rechtschaffener Streiter, dankbar für jede Gelegenheit, bei der er seine Gitarre auspacken kann (im Tony-Sly-Cover Kiera hört man im Hintergrund sogar ein paar Straßengeräusche).
Der Riot Song über die London Riots macht das natürlich besonders deutlich, den aufrechten Appell dieser 2:21 Minuten (Protest ist wichtig! Plündern ist kriminell!) könnte man sich auch gut von Billy Bragg vorstellen. Im folgenden Demo Something Of Freedom zeigt sich Frank Turner ebenfalls politisch, später im rasanten Noel-Coward-Cover There Are Bad Times Just Around The Corner immerhin noch mit einer augenzwinkernden Moral: Die einzig anerkannten Mittel gegen Kummer sind Bier, Geselligkeit und der Tod – und die ersten beiden sind dem dritten eindeutig vorzuziehen.
Die Coverversionen auf The Third Three Years bestätigen dieses Selbstverständnis ebenfalls: Frank Turner sieht sich durchaus in der Tradition der Klassiker. Somebody To Love (Queen), die am weitesten ausgefeilte Produktion auf diesem weitgehend akustischen Album, beeindruckt mit originalgetreuem Gitarrensolo und feiner Theatralik, zeigt vor allem aber seine oft wenig beachteten Fähigkeiten als Sänger.
Tom Pettys American Girl wird eine noch größere Überraschung – ohne das treibende Schlagzeug und den markanten E-Gitarren-Sound verwandelt Frank Turner den Kracher in eine brüchige, wehmütige Ballade. Noch ein Stück beschaulicher gerät Townes van Zandts Pancho & Lefty (von der Spotify Session EP). Auch ohne orchestralen Sound wird Live And Let Die (Paul McCartney) enorm spannend, mit Bruce Springsteens Born To Run gibt es einen weiteren Klassiker in einer inspirierten Version. Auch ein paar weniger namhafte Acts kommen zur Ehre, von Frank Turner gecovert zu werden: Big Foot von den Weakerthans und das wundervolle The Corner von Cory Branan gibt es mit nichts als Klavier und Gesang.
Gemeinsam mit Jon Snodgrass wünscht Frank Turner ein Happy New Year, zugleich Weihnachtslied und anglo-amerikanische Völkerverständigung. Mit Emily Barker singt er Fields Of June wie eine waschechte Murder Ballad, die tatsächlich nach bluttriefenden Wunden klingt, nach Rache und Affekt. Die Gänsehaut-Hymne The Ballad Of Me And My Friends, die Frank Turner eigentlich nie mehr spielen wollte, hat es als Konzertmitschnitt aus Minnesota auf dieses Album geschafft, ganz am Schluss darf die ganze Band ran, in einer krawalligen Live-Version von Dan’s Song.
Das ist alles andere als Abzocke. Eher ein Freundschaftsdienst.