Hingehört: Fuck Yeah – „Fuck Yeah“

Künstler Fuck Yeah

Fuck Yeah Albumkritik Rezension
Ja: Auf dem Album „Fuck Yeah“ von Fuck Yeah ist auch ein Lied namens „Fuck Yeah“.
Album Fuck Yeah
Label My Redemption Records
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Angeblich ist Bio ja der große Trend im Lebensmittelgeschäft. Eine Studie der Unternehmensberatung AT Kearney, die dafür mehr als 1000 Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragte, hat aber etwas anderes herausgefunden. Am wichtigsten für die Verbraucher ist die regionale Herkunft. 70 Prozent der Befragten geben an, mehrmals im Monat regionale Lebensmittel einzukaufen, 47 Prozent der Deutschen tun dies laut Umfrage sogar wöchentlich.

Auf dem Musikmarkt haben sich die Vorzüge des regionalen Anbaus noch nicht in diesem Ausmaß herumgesprochen. In Bayern, wo man ja auch die Landwirtschaft zu schätzen weiß, geht man jetzt allerdings mit gutem Beispiel voran: Fuck Yeah sind in München angesiedelt, haben in Niederding (Landkreis Erding) ihr übermorgen erscheinendes erstes Album aufgenommen und werden vom bayerischen Publikum durchaus geschätzt.

Konzerte beispielsweise mit Maximo Park und Frightened Rabbit belegen das. Die Hörer von BR/Zündfunk wählten ihren Song Rock’N’Roll Was Here To Stay in die Top 50 der bestens Songs aus Bayern im vergangenen Jahr. Und Dirk Wagner ließ sich in der in München erscheinenden Süddeutschen Zeitung sogar zum vulgären Fazit „Fucking great. No fuck!“ verleiten.

Haben Markus Naegele, Rainer „Gussie“ Germann, Kevin Ippisch und Michael Metzger, die vorher etwa bei Bands wie den Moulinettes oder Cat Sun Flower musizierten, das Zeug, auch den Rest der Republik zu begeistern? Auf jeden. Fuck Yeah ist eine Platte mit ganz viel Charakter, großem musikalischen Horizont und, nicht zuletzt, ein paar unvergesslichen Momenten.

Fuck Yeah (gemeint ist in diesem Fall nicht die Band und nicht das Album, sondern der gleichnamige Song) ist da an erster Stelle zu nennen. “You used to be an asshole / but now you’re even worse / What a pity”, heißen die großartigen ersten Zeilen. Du kannst nicht einfach zurück in die Heimat kommen und glauben, du gehörst noch wie früher dazu – das ist die Botschaft von Sänger und Texter Markus Naegele, die auch in einigen anderen Tracks anklingt. „Fuck me, fuck you, fuck yeah“ wird schließlich zum Schlachtruf voller Trotz und Stolz.

Das kaum weniger programmatische Heavy Metal Teenage Dreams beschwört die Erinnerung an den Traum von Judas Priest und Motorrädern, vorgetragen ausgerechnet zu Lounge-Piano und mit Pfeifen wie in einem Wanderlied. Auch der Schlusspunkt der Platte, Freak You Out, ist in der Reihe der ganz besonderen Highlights zu nennen. Die Abneigung gegen Blender, Wichtigtuer und Deppen steigert sich da zur Drohung „I’m gonna freak you out / I’ll suck you in.“

„Sowas kaufen sich junge Menschen beim Reading-Festival und laufen damit den ganzen Sommer rum … Ist total super!“, schwärmt Thees Uhlmann (kein Bayer, wohlgemerkt), und man erkennt schnell, was er damit meint. Ein großer Pluspunkt von Fuck Yeah ist die herrlich abgehangene Stimme von Markus Naegele, die oft an David Lowery von Cracker erinnert. Eine andere Stärke ist der Verzicht auf das letzte bisschen Präzision und Euphorie, das diese Platte womöglich kalkuliert oder gewöhnlich gemacht hätte. Vieles erscheint hier vielmehr wie durch einen Filter als Coolness betrachtet, wozu wohl die Lebenserfahrung des Quartetts ebenso beiträgt wie das Wissen um die geringe Wahrscheinlichkeit, es als Band aus München ganz nach oben zu schaffen.

Lack Of Sleep hat Spaß daran, sperrig zu sein, auch in Check The Battery steckt der Wunsch nach Verweigerung, nicht nur musikalisch. In Please Please Please schaffen es Fuck Yeah, Immigration zum Thema einer Mitgröl-Hymne zu machen. Rock’N’Roll Was Here To Stay, der besagte Radio-Erfolg, erweist sich als Erinnerung an Jugendtage mit ein bisschen Nostalgie, aber ebenso dem Bewusstsein, wie beschissen die Pubertät sein kann. Exit Door ruft ins Gedächtnis, dass man die wahre Welt nicht im Internet oder im Smartphone findet, sondern im Kreis der Kumpels und Freunde. „It’s a modern world / and here’s the exit door“, heißt die Mahnung – oder das Versprechen.

Auch stilistisch haben Fuck Yeah einiges zu bieten. Ihre Punk-Attitüde ist offen für Surf, Rockabilly und Psychedelic (Replacements), integriert auch mal New Wave und eine verirrte Orgel (C’mon) und hat auch keine Berührungsängste vor Glamrock (Give It). Je öfter man diese Lieder hört, desto weniger überrascht, warum das in Bayern so gut ankommt: Die wichtigsten Gründe für regionalen Konsum waren schließlich auch schon in der Umfrage von AT Kearney: Geschmack und Qualität.

Das Video zu Rock’N’Roll Was Here To Stay ist natürlich in München gedreht.

Website von Fuck Yeah.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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