Künstler | Gardens & Villa | |
Album | Dunes | |
Label | Secretly Canadian | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Lagerkoller. Das ist wohl das passende Wort für die Situation von Gardens & Villa während der Aufnahmen zu ihrem zweiten Album. Gemeinsam mit Produzent Tim Goldsworthy (unter anderem Hercules & Love Affair) hatten sich Adam Rasmussen, Chris Lynch, Dusty Ineman, Levi Hayden und Shane McKillop einen Monat lang in einem Studio in Benton Harbor, Michigan eingeschlossen. Sie frickelten herum, sie probierten viel aus und konnten unter anderem auf ein Flickering-Aufnahmegerät zurückgreifen, das einst eigens für Sly Stone gebaut worden war. Aber sie gingen so gut wie nie vor die Tür.
Das ist einerseits wenig verwunderlich. Für ein Quintett, das sonst in Santa Barbara zuhause ist, hat der Winter im Mittleren Westen wohl nur wenige Reize. Andererseits ist ein bisschen Sauerstoff nicht unbedingt schädlich für die Kreativität. Das haben schließlich auch Gardens & Villa bemerkt: Einer der wenigen Tage, an denen sie sich an die frische Luft wagten, führte sie auf eine Fläche von schneebedeckten Sanddünen. Der Ausblick war fantastisch: Rundherum gab es plötzlich nicht mehr nur die schallisolierten Studiowände, sondern (so nennt man das wohl in Reiseführern) offene, scheinbar unendliche Weiten.
Es ist ein schönes Bild für den Ansatz, den die Band hier verfolgt, und Dunes ist deshalb auch ein kongenialer Albumtitel. Der höchste Punkt, von dem aus man den Überblick hat – das ist die Position, mit der sich Gardens & Villa ans Werk gemacht haben, mit einem guten Blick für eigentümlichen Zauber und eine Schönheit, die sich oft erst auf den zweiten Blick offenbart.
Die wundervolle Single Bullet Train (mit trockenem Beat, einer Flöte und der schönen Zeile „The young die young / if they work too hard“) ist noch vergleichsweise straight. Ansonsten bietet Dunes, vor allem im Vergleich zum Debüt aus dem Jahr 2011, mehr Vielfalt und gelegentlich auch Verschrobenes. Domino hat beispielsweise eine Panflöte (!) zu bieten, die das melodiöse Gerüst beisteuert und etwa in der Mitte des Lieds sogar noch ein Solo bekommt, der Track dazu wird auf seltsamen Wegen zugleich schläfrig und aufmunternd.
Das elegante Echosassy beweist eine ähnliche Liebe zum Detail wie etwa die Songs von Phoenix, bietet aber auch einen beachtlichen Drive, den man leicht überhören kann. Das traumhafte Purple Mesas setzt auf einen komplexen, gebrochenen Beat, Thunder Glove platziert sich in der Nähe von OMD, präsentiert zugleich aber ziemlich ungewöhnliche Gitarrenarbeit. Am Ende gibt es mit Love Theme ein Orgel-Instrumental.
“Ghostly disco verses give way to a lush New Wave chorus worthy of Duran Duran, carried along by the sweet synchronicity between that nasty guitar figure and the less-is-more synth part”, hat Stereogum die Bandbreite und Widersprüchlichkeit von Dunes gut zusammengefasst. Minnesota ist ein gutes Beispiel dafür: Der Beginn, nur mit Klavier und Gesang, könnte von Coldplay sein, und dieser Vergleich hat auch dann noch Bestand, als sich ein träges Schlagzeug und eine perlende Gitarre dazu gesellen. Die Ballade Chrysanthemums bietet einen gebremsten Eighties-Beat, in Colony Glen strahlt die schmeichelnde Stimme von Chris Lynch am hellsten, begleitet von einem Uralt-Synthesizer. „Always remember“, lautet die Aufforderung im Refrain – das bezieht sich wohl auch auf die Wertschätzung des Analogen.
Das vielleicht typischste Lied für den neuen Sound von Gardens & Villa ist Avalanche. Zoot Woman auf Kreuzfahrt könnte man sich so ähnlich vorstellen. Es gibt zwar einen sehr robusten Beat und einen sogar verwegenen Bass. Aber alles wirkt leicht, vergänglich, wie hingetupft. Klarer Fall: Das Albumcover von Dunes müsste eigentlich ein Aquarell sein.
Gardens & Villa spielen Minnesota, live in Santa Barbara.
httpv://www.youtube.com/watch?v=KKschxyWiX8