Gnarwolves – „Outsiders“

Künstler*in Gnarwolves

Outsiders Gnarwolves Kritik Rezension
Gnarwolves zeigen auf ihrem zweiten Album eine deutliche Weiterentwicklung.
Album Outsiders
Label Big Scary Monsters
Erscheinungsjahr 2017
Bewertung

Schon das erste Lied auf Outsiders zeigt, welche Qualitäten Gnarwolves auch auf ihrem zweiten Album auszeichnen: Straitjacket klingt ein paar Sekunden lang wie ein irisches Volkslied, dann gibt es viel Power, kombiniert mit beträchtlicher Komplexität. „I was born in a straightjacket“, heißt der Refrain dazu. Reichlich Punk-Energie, gepaart mit cleveren Kompositionen und einer kritischen Position, die im Albumtitel Outsiders auf den Punkt gebracht ist, machen die Musik des Trios aus Brighton aus. Blink-182 und Modern Baseball (mit denen sie bereits auf Tour waren) sind da als Refenzpunkt ebenso passend wie Green Day (die sie auf einer ihrer EPs bereits gecovert haben).

Gnarwolves können halsbrecherisch sein (Paint Me A Martyr) oder auch mal plakativ wie in Wires, auch wenn dessen Text dafür plädiert, nicht immer die bequeme Lösung zu wählen, sondern seinen eigenen Weg zu finden. „I spent my life chasing American Dreams“, heißt die Erkenntnis in English Kids, begleitet von einer klasse Melodie sowie Mut zur Sensibität und einem Appell an das Wir-Gefühl, wie man das von Frank Turner kennt. Argument zeigt, wie Weezer vielleicht geklungen hätten, wären sie jemals wirklich Underdogs gewesen. Channelling Brian Molko klingt in der Strophe tatsächlich wie ein Zwilling von Placebos Nancy Boy, der Rest des Songs ist das pure Aufbegehren.

Nach dem selbstbetitelten Debütalbum (2014) und der Veröffentlichung ihrer vierten EP Adolescence zeigen Gnarwolves auf Outsiders eine erkennbare Weiterentwicklung, wofür etwa The Comedown Song ein gutes Beispiel ist: Das Stück beginnt mit einem Sample aus einer Anti-Drogen-Kampagne, im später folgenden Fluch „So fuck your party“ steckt allerdings keine Abneigung gegen Spaß und Feiern, sondern Unzufriedenheit mit den viel zu leicht akzeptierten, vermeintlichen Selbstverständlichkeiten des Lebens, nichts weniger als Empörung über die Welt. Zugleich haben Thom Weeks (Gesang, Gitarre), Charlie Piper (Bass) und Max Weeks (Schlagzeug) ihren ursprünglichen Appeal keineswegs verloren, wie Car Crash Cinema beweist, in dem der Gesang etwas rotziger wird und die Gitarren sich austoben dürfen.

Alles brennt bei Gnarwolves von beiden Enden, aber sie verlassen sich nicht nur auf diese Energie. Das fantastische Talking To Your Ghost ist der beste Song der Platte, die dann mit Shut Up abgeschlossen wird. Man hatte heimlich gehofft, es würde zum Ende des Albums so etwas wie eine Ballade geben, und dieses Lied lässt dann wirklich keine Wünsche offen: Für so etwas wurde wohl der Begriff „epic“ erfunden.

Hübsche Animationen (und keine Zwangsjacke) bietet das Video zu Straitjacket.

Website von Gnarwolves.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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