Künstler | Highasakite | |
EP | Acoustic Versions | |
Label | Propeller Recordings | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Vielleicht wollten sie sich bei Bob Dylan einschleimen. Heute Abend spielen Highasakite bei der Gala zur Nobelpreis-Verleihung. Gerade rechtzeitig vorher haben die Norweger die EP Acoustic Versions veröffentlicht, mit vier Stücken ihres zweiten Albums Camp Echo (das im Mai veröffentlicht wurde und seitdem alleine bei Spotify mehr als 13 Millionen Mal gestreamt wurde) in, nunja, akustischen Versionen. Als hätten sie His Bobness beweisen wollen: Schau her, wir brauchen keine Synthesizer, Stimmeffekte und mächtigen Beats! Wir können es auch mit klassischem Instrumentarium, genau wie du!
Bekanntlich hat Bob Dylan seine Teilnahme an der Zeremonie ja abgesagt. Die innerhalb von wenigen Stunden live im Studio in Oslo aufgenommene EP ist trotzdem ein Gewinn. Die Acoustic Versions leisten dreierlei: Erstens verweisen sie auf die Wurzeln von Highasakite und erinnern daran, dass gleich mehrere der fünf Bandmitglieder eine akademische musikalische Ausbildung haben, etwa im Auftaktsong Samurai Swords mit seinem dramatischen Klavier und den schicken Streichern. Zweitens lassen die Lieder hier die Stimme von Sängerin Ingrid Helene Håvik noch mehr erstrahlen, wie man in Leaving No Traces besonders gut hören kann, das die EP abschließt und an Austra erinnert.
Drittens (und vor allem) beweisen Highasakite hier, dass ein reduziertes Arrangement keineswegs bedeuten muss, dass man nur auf das Naheliegende zurückgreifen kann. Produzent Kare Christoffer Vestrheim betont, dass man zwar akustisch arbeiten wollte, aber auch innerhalb dieses Rahmens das eine oder andere Experiment wagen könne: „I wanted to add an extra dimension to the simple setup; an additional layer, so I picked out a few tape-echoes from our vault. (…) It gave the tracks an extra rhythmic bounce that Marte [gemeint ist Pianist Marte Eberson] was really good at utilising, and helped move the songs in different directions.”
Die tolle Atmosphäre in Since Last Wednesday beweist das, noch deutlicher wird dieser Effekt in Golden Ticket. Der Song beginnt sehr verhalten, bevor klar wird, dass diese Zurückhaltung bloß dazu dient, den Ausbruch im Refrain umso eindrucksvoller werden zu lassen, der beinahe wirkt, als wolle Ingrid Helene Håvik jetzt und sofort Florence Welch zum Kräftemessen herausfordern. Das ist, wie auch die übrigen drei Lieder, sehr klug inszeniert, intim und doch effektvoll. Auf jeden Fall gilt: Bob Dylan hat etwas verpasst.