Jack Savoretti – „Written In Scars“

Künstler Jack Savoretti

Cover des Albums "Written In Scars" von Jack Savoretti bei BMG
Nicht authentisch, sondern seicht ist das vierte Album von Jack Savoretti
Album Written In Scars
Label Herr Direktor
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Das sind wohl die Folgen von George Ezra: Jack Savoretti, 31, hat nach einem selbstfinanzierten Debüt (2007) und zwei von einigen Radiosendern geschätzten Nachfolgern (2009 und 2012) plötzlich einen Vertrag mit einem Major-Label. Und Written In Scars verdeutlicht auch gleich ganz viel von dem, was schlimm daran ist, wenn Plattenfirmen einem Trend nachhecheln und ein Künstler eine Richtung einschlägt, die vorgeblich todsicher funktionieren wird.

Als zusätzliche Absicherung wurde bei fünf Liedern Samuel Dixon (der „musikalische Direktor“ von Adele) als Co-Autor engagiert. Mit reichlich Percussions will man den Sound offensichtlich Konzert- und Radio-tauglicher machen. Das Ergebnis wird nie so schlimm, dass es ekelhaft wäre, aber auch selten so erträglich, dass man es als “gut gemeint” oder gar “charmant” charakterisieren könnte.

Dabei kann man bei Jack Savoretti, der in London geboren wurde und nun in Lugano lebt, durchaus Spurenelemente von Talent erkennen. Fight ‘Til The End ist ein halbwegs spannender Schlusspunkt für dieses Album. Die Single Tie Me Down (geschrieben mit Matty Benbrook, einem Kompagnon von Jake Bugg) ist schmissig im Stile von Mumford & Sons (als die noch schmissig waren). Und Nobody ‘Cept You ist ein brauchbares Cover eines wenig bekannten Bob Dylan-Songs.

Dem stehen auf Written In Scars allerdings reichlich Rohrkrepierer gegenüber. Broken Glass ist belangloses Gesäusel. The Hunger gerät in jeder Hinsicht sagenhaft plump. Don’t Mind Me ist ein weiteres Beispiel für das verbreitete Missverständnis, eine kratzige Stimme bedeute automatisch Authentizität und Tiefe. Wasted, in dem Jack Savoretti von US-Sängerin Lissie begleitet wird, klingt als würden Bed & Breakfast sich an Erwachsenenmusik versuchen.

Written In Scars soll so etwas wie ein Schlachtruf sein. Er singe auf der Platte über seine ganz persönlichen Kämpfe, sagt der 31-Jährige, „doch viele Lieder handeln auch von jenen, die sich überall auf der Welt in genau diesem Moment ereignen. Es geht darum, sie mit erhobenem Haupt und ausgestreckten Fäusten hinter sich zu lassen.“ Doch dieser Ansatz scheitert vollständig, das Lied wird zur unglaubwürdigsten Revolutionshymne aller Zeiten.

Das wirklich Frustrierende an diesem Album ist seine Mutlosigkeit. Back To Me klingt wie die Lieder, die Joe Cocker als 60-Jähriger gemacht hat: nicht ganz schlecht, aber sehr seicht und vollkommen uninteressant. Die Single Home verbreitet eine derart stromlinienförmige Pseudo-Wohlfühl-Atmosphäre, dass man wetten möchte, es demnächst im Soundtrack eines Matthias-Schweighöfer-Films zu hören. The Other Side Of Love setzt auf Streicher und die Klavierakkorde von Robbie Williams’ Feel, und verkörpert so die zentralen Attribute dieser Platte: nett, harmlos, überflüssig.

Das Video zu Home zeigt: Jack Savoretti will in die Stadien.

Homepage von Jack Savoretti.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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