Hingehört: Jay Daniel – „Broken Knowz“

Künstler Jay Daniel

Broken Knowz Jay Daniel Kritik Rezension
Auf „Broken Knowz“ setzt Jay Daniel viel stärker auf echte Instrumene.
Album Broken Knowz
Label Ninja Tunes Technicolour
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Mit zahlreichen Kollaborationen und den bisherigen EPs Scorpio Rising, Karmatic Equations und School Dance hat sich Jay Daniel in der House- und Technoszene seiner Heimatstadt Detroit (und darüber hinaus) einen Namen gemacht. Von diesem Sound hat der 25-Jährige aber offensichtlich bereits die Nase voll: Sein offizielles Debütalbum, erst der dritte Longplayer überhaupt, der vom Ninja-Tunes-Outlet Technicolour veröffentlicht wird, ist eine ziemlich radikale Abkehr von diesen Genres.

Floorfiller oder Plakatives findet man nicht auf Broken Knowz. Jay Daniel hatte etwas anderes im Sinn: Er hat erstmals mit einem echten Schlagzeug und einem Multitrack-Mixer statt am Rechner aufgenommen, weil er Musik machen wollte, die menschlicher und echter klingt.

Wie gut das geklappt hat, zeigt schon der Auftakt Lost Of The Dogons: Bongos und Tamburin sorgen für einen Tribal-Sound, der wabernde Bass lässt sogar Erinnerungen an Deep Forest aufkommen. In 1001 Nights dominieren die nervöse Hi-Hat und die trockene Bass Drum. Knowledge Of Selfie wird so repetitiv, dass es fast militärisch und betäubend klingt. Ganz am Ende von Broken Knowz gibt es in Yemaya wieder den Dualismus, der dieses Album prägt: Der Beat ist entschlossen, der Bass verspielt.

„Ein klassisches Deep-House-Album, das bis zum Hals in Funk, Soul, Jazz und Afrobeat steckt“, hat Groove sehr treffend in diesem Debüt erkannt. Jay Daniel spielt mit beiläufig wirkenden Sounds wie Vogelzwitschern oder einem lauten Lachen, er gönnt sich mit Boolin auch mal eine nur knapp 90 Sekunden währende G-Funk-Episode.

Das prominent-verstörende Keyboard, das bisher als sein Markenzeichen galt, lässt sich noch am ehesten im zappeligen Shake It Down ausmachen: Da erklingt ein altertümlicher Synthesizer, der ausnahmsweise mal fast genauso wichtig ist wie der Beat. Ein Höhepunkt ist Squeaky Maya: So klänge es wohl, falls es bei Daft Punk so etwas wie eine Downtime gäbe.

Statt die Strategie zum Maximum zu führen, die ihm bisher den Ruf eines großen Talents eingebracht hat, setzt Jay Daniel also auf Groove, Atmosphäre und ein echtes Album-Album. Und gerade sein Mut, nicht auf Knalleffekte zu setzen, beeindruckt an dieser Platte.

Jay Daniel legt im Boiler Room auf.

Jay Daniel bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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