Künstler | Joel Jerome | |
Album | Cosmic Bear Jamboree | |
Label | Eliterecords | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Als den “L.A.-Produzenten-Tausendsassa hinter angesagten Indierockbands wie Cherry Glazer und La Sera“, hat Noisey unlängst Joel Jerome vorgestellt. Die örtliche Wochenzeitung preist ihn gar als den „heimlichen Indiekönig“ von Los Angeles. Verdient hat sich der Mann, der eigentlich Joel Morales heißt, diese Meriten in erster Linie als Produzent. Übermorgen legt er mal wieder ein eigenes Album vor, und das Versprechen seiner Plattenfirma führt nicht in die Irre: Cosmic Bear Jamboree bietet demnach „eine Mischung aus Dream Pop, Psych, Folk und schwurbeligen Slacker-Gitarren, die perfekt die für L.A. so charakteristische Dualität zwischen traumhaftem Sonnenschein und gnadenlosem Überlebenskampf einfängt“.
Die Platte beginnt mit einer Coverversion: Cosmic Dancer macht den Auftakt, dem Original von Marc Bolan wird dabei etwas Glam weggenommen und etwas Funk hinzugefügt. Auch seine eigenen Songs sieht Joel Jerome letztlich als ein sich ständig wandelndes Material an. „Für mich sind meine Songs wie traditionelle Folksongs – Lieder, die man auf tausend verschiedenen Arten spielen kann und die immer funktionieren. Manchmal bin ich so inspiriert von einem speziellen Sound oder Vibe, dass ich einen alten Song aus der Schublade ziehe und versuche, ihn auf diese Art zu spielen“, sagt er.
Neben aktuelleren Acts wie Mac DeMarco, Ariel Pink, Deerhunter oder Beck (ein früheres Album von Joel Jerome heißt When Beck Was Cool Vol. 1) finden sich deshalb vor allem recht historische Einflüsse auf diesem Album. You Are So Bad könnte von einem besonders zynischen John Lennon stammen, der sich wieder mit Phil Spector vertragen hat. Die Schlechtigkeit der hier besungenen Dame liegt dabei vor allem darin, dass sie die Zuneigung kein bisschen erwidert, die der Sänger für sie empfindet. Errbody Wants Somebody hat einen tollen Refrain, der tatsächlich nach echten Gefühlen klingt, und am Ende ein ausgiebiges „Lalala“, irgendwo zwischen David Bowie und Beautiful Ones von Suede. Alcohol könnte man sich 1:1 von The Doors vorstellen, vom Beat über die Orgel bis zum Gitarrensolo, wahrscheinlich auch bis zum Motto „Stay in bed“. Tell Me Things hat eine Gitarrenseligkeit und schwelgerische Stimmung wie man sie bei George Harrison erleben konnte.
Auch wenn die Ironie hier nie weit ist, wird Don’t You Ever Think I Cry auf beinahe rührende Weise wehmütig. I Don’t Wanna Die hat einen programmatischen und mit großer Bestimmtheit vorgetragenen Refrain. So prototypisch die Gitarre in Complicated Man klingt, so sehr wird der Gesang mit Hall und anderen Effekten verfremdet, dazu kommen übermutige Percussions und schräge Synthies. Das Genre, das schon im Titel des Vorgängers Psychedelic Thriftstore Folk (2013) anklang, hat auch hier deutliche Spuren hinterlassen, was beispielsweise Spin zum Urteil kommen lässt, Cosmic Bear Jamboree sei “cheerfully trippy”.
In der Tat möchte man wetten, dass hier diverse nicht ganz legale Substanzen bei der Entstehung der Songs und auch während der Arbeit im Studio eine Rolle gespielt haben, freimütige Hinweise darauf gibt Joel Jerome nicht nur mit dem Albumcover, das einen völlig zugedröhnten Bär auf dem Weg ins Weltall zeigt. In Yr Love Is Weird reiht er Reime wie von einem Fünfjährigen aneinander, etwa „do“, „blue“ und „too“, später allerdings „pain“, „cocaine“ und „insane“ – Vokabeln, die nicht unbedingt zum Wortschatz von Vorschülern gehören. Und der Titel des letzten Songs liefert vielleicht die beste Erklärung für die Heiterkeit, Experimentierfreude und gelegentliche Unzurechnungsfähigkeit dieses wundersamen Albums: I Was On Acid.