Künstler | Joris | |
Album | Hoffnungslos Hoffnungsvoll | |
Label | Four Music | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Eine ganze Seite im Booklet seines Debütalbums gönnte sich Joris für die Danksagungen. Er unterteilt in drei Kategorien, widmet sich zunächst den engsten Weggefährten, dann gibt es noch eine Rubrik „Danke an“ und eine Liste unter der Überschrift „Besonderen Dank an“. 92 Leute (und ein Hund) werden namentlich erwähnt, bevor dann auch noch die Band ein paar Grüße loswerden kann. Einen hat Joris dabei aber offensichtlich vergessen: Philipp Poisel. Denn ohne dessen Siegeszug hätte es Hoffnungslos Hoffnungsvoll wahrscheinlich nie gegeben.
Die Parallelen sind überdeutlich: junger Mann am Klavier, mit schöner Stimme und keiner Angst davor, als Sensibelchen dazustehen. „Ich selber hatte schon ganz oft diese Thematik: Denk ich jetzt mit dem Kopf oder mit dem Herzen? Aber ich bin in vielem eher ein Herz-Mensch“, ist eines dieser freimütigen Bekenntnisse von Joris, die dafür sorgen werden, dass ihm der eine oder andere den Stempel „Weichei“ aufdrücken wird. Und dass eine Plattenfirma darauf hofft, diese Musik in größeren Stückzahlen an den Mann (oder wohl eher: an die Frau) bringen zu können.
Mehr als anderthalb Jahre hat der 25-Jährige aus Vlotho in Ostwestfalen mit seiner vierköpfigen Band an Hoffnungslos Hoffnungsvoll gearbeitet. Herausgekommen ist eine Platte mit grundsolidem Handwerk, einer sehr ansehnlichen Produktion (von Mic Schröder, der beispielsweise schon für Glasperlenspiel und Thomas Godoj gearbeitet hat) und einigen gute Momenten. Der Schlusspunkt Schwarz Weiß beispielsweise ist eine rührende Klavierballade. Im Schneckenhaus zeigt, wie es Joris schafft, Gefühle zu zeigen und auf eingängige Melodien zu setzen, ohne dabei in Schlager-Gefahr zu geraten. Der Auftakt Neustart geht gut nach vorne. Indes: So gut wie die Songs von Philipp Poisel ist nichts auf dieser Platte.
An den Ambitionen liegt das keinesfalls. Das Album erscheint bei einem Major-Label, für die anstehende Tournee mussten einige Shows bereits in größere Hallen verlegt werden. Auch der 25-Jährige selbst legt die Messlatte hoch: „Ich glaube, deutsche Texte zu schreiben, ermöglicht eine weitere, tiefere Ebene, denn die Leute können so tatsächlich jedes Wort verstehen. Das ist sowohl Fluch als auch Segen, da ich es auf der anderen Seite an englischer Musik liebe, dass man sich komplett in der Musik verlieren kann, ohne ständig zu denken: ‚Warte mal, was hat er da gerade gesagt?’ Ich empfinde das aber als große Herausforderung und bin mir sehr sicher, dass ein Spagat aus beidem möglich ist.“
Das Problem dabei ist: Vieles auf Hoffnungslos Hoffnungsvoll ist bemüht. Feuerwerk ist das erste Lied mit einem ohoho-Chor (vielleicht sollte man lieber sagen: Cohoholdplay-Chor), danach folgen noch vier weitere, die dieses Mittel nutzen, um vermeintlich hymnisch zu werden, doch wirkliche Größe hat keiner dieser Songs. Auch in den Texten geht es nicht gerade subtil zu. Damit auch wirklich jeder kapiert, wie leidenschaftlich die hier besungenen Gefühle erlebt werden, gibt es reichlich Metaphern mit Feuer und Asche, außerdem jede Menge Bezüge auf Herzen und Tränen.
„Sind so viel am Reden / keine Zeit fürs Leben / und jetzt fällt der Regen“, aus dem an Clueso erinnernden Sommerregen ist ein typisches Beispiel für die Texte von Joris. Dass da auch schon mal ein schiefes Sprachbild („Mein Herz schlägt wie ein Feuerwerk“, heißt ein Refrain) dabei ist und es reichlich unreine Reime gibt, bestätigt den Gesamteindruck: Hoffnungslos Hoffnungsvoll ist in vielen Momenten einfach ein gutes Stück zu schlicht. Und das Talent ist bei Joris leider nicht so groß wie die Empfindsamkeit.