Künstler | Klaus Johann Grobe | |
Album | Im Sinne der Zeit | |
Label | Trouble In Mind | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Ein magischer Moment muss das gewesen sein für die Besucher beim Liverpool International Festival Of Psychedelia. Auf der Bühne stehen zwei Typen, spielen feinste Lavalampenklänge und singen dazu auch noch auf Deutsch. Also in der Sprache des Landes, aus dem Krautrock-Helden wie NEU! oder Can kommen. Kein Wunder, dass auch etliche Plattenfirmen sofort so verzückt waren, dass sie die beiden Herren, nämlich Sevi Landolt (Orgel, Keyboards und Gesang) und Daniel Bachmann (Schlagzeug und Gesang) unter Vertrag nehmen wollten.
Für das Duo mit dem schönen Bandnamen Klaus Johann Grobe (sie sind allerdings keine Deutschen, sondern Schweizer) war das der Durchbruch, und jetzt legen sie (nach einer EP und der Single Traumhaft, die hier allerdings nicht enthalten ist) ihr Debütalbum vor. Die Richtung ist klar „Ja es gibt nur / Ja da ist nur / Vergangenes“, heißt die wichtigste Zeile im letzten Lied der Platte, und man findet keine Sekunde auf Im Sinne der Zeit, die nicht irgendwann vor 1972 hätte entstanden sein können. Auch das seltsame Cover pfeift auf Aktualität.”I visited my girlfriend’s parents on a weekend and we looked through their old photos. When we came to this series, which was shot at a company party in the early 80s, we just thought: ‘This has to be the cover, it’s perfect!’”, erklärt Sevi Landolt im Interview mit Pitchfork diese Auswahl und fügt an: “That’s pretty much how Grobe works in general. We never think too much; if it feels right, we do it.”
Das ist ein wichtiges Element für das Gelingen von Im Sinne der Zeit. Vieles hier ist musikalisch komplex, das Album wirkt auch wegen seiner mitunter kryptischen Texte oft intellektuell. Aber es hat auch eine große Wärme und Leichtigkeit. Die Geistesverwandtschaft zu Temples, mit denen Klaus Johann Grobe unlängst auf Tour waren, ist deutlich spürbar. Der größte Pluspunkt der Schweizer ist aber: Die Platte ist enorm tanzbar.
Das originelle Between The Buttons macht den Auftakt und weckt mit seinem prominenten Bass und reichlich Funk-Begeisterung sogleich Erinnerungen an Die Sterne. KOthek, das offensichtlich von einem schrägen Discoabend berichtet, vereint Ironie und Groove – das ist die ganz hohe Schule. Wir zwei ist vertrackt und hypnotisch, geht trotzdem in die Beine.
“Klaus Johann Grobe play a kind of danceable Krautrock informed by early ’80′s New York punk funk pioneers such as ESG”, hat das Shindig Magazine ganz treffend geschrieben. Das etwas ruhigere Schlaufen der Zukunft zeigt am deutlichsten eine weitere zentrale Zutat für den Sound des Schweizer Duos: Latin-Elemente, vor allem aus Brasilien. Auch die wilden Percussions in Regen raus verdeutlichen das, ebenso das nervöse, pulsierende Les Grecks, das am Ende eine kurze Kakophonie und ein Pfeifen zu bieten hat. Dass all diese Sounds innerhalb von acht Tagen in einem Studio in Winterthur aufgenommen wurden, macht sie noch ein bisschen erstaunlicher.
Koffer, genau in der Mitte von Im Sinne der Zeit platziert, schießt in puncto Psychedelik den Vogel ab und zeigt auch, dass es gar kein Problem ist, wenn man bei Klaus Johann Grobe keinen Schimmer hat, wovon sie da singen (egal, ob man Deutsch versteht oder nicht). Wenn man diesen Track hört, versteht man dafür genau, was Sevi Landolt meint, wenn er sagt: “We like stuff being stripped down, reduced to the important things, living of small details, being repetitive if something works.” In Aufstand, dem Höhepunkt des Albums, geht dieses Rezept am besten auf: Das Lied ist leichtfüßig, der Bass famos, die Orgel kurz vorm Durchdrehen. Und es wird, wie das gesamte Album, mit jedem neuen Durchlauf noch ein bisschen besser.
Das Video zu KOthek ist endlich Anlass für das hübsche Wort „retro“.
httpv://www.youtube.com/watch?v=wJoh236m5RU
Homepage von Klaus Johann Grobe.