Künstler | Koria Kitten Riot | |
Album | Songs Of Hope And Science | |
Label | Vild Music | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Brexit, Trump und grassierender Rechtspopulismus: Man muss da nicht gleich den Weltuntergang befürchten, aber eine Zeitenwende könnte es dennoch sein. Das sehen auch Koria Kitten Riot aus Helsinki so. Für ihr am Freitag erscheinendes viertes Album haben sie allerdings zwei Gegenmittel gegen allzu viel Pessimismus gefunden: Hoffnung und Wissenschaft.
“I wanted to make music that would give hope, as hope was what I longed for myself”, sagt Frontmann Antti Reikko, der Koria Kitten Riot zunächst zwei Alben lang als Soloprojekt betrieben hat, bevor die Band zum Quintett anwuchs, über die Ausgangssituation für Songs Of Hope And Science. Die Hoffnung bezieht sich dabei nicht nur auf die Lage der Welt, sondern auch auf seine persönliche Situation, die ebenfalls nicht frei von Krisen war, als der die neuen Songs schrieb.
An der Wissenschaft reizt ihn nicht die Chance, sie als Schwert gegen Fake News und Manipulation ins Feld zu führen, sondern gerade die Tatsache, dass auch sie nicht alles bis ins Letzte klären kann. „I am not religious. Instead, I read a couple of books on string theory and watched documentary films on quantum physics and space. I found our lack of knowledge about the universe comforting”, erklärt Reikko.
Der Sound seiner Band, die von Lasse Toimi (Bass), Teemu Vänskä (Keyboards), Olli Rahkonen (Gitarre) und Eino Anttila (Schlagzeug) komplettiert wird, könnte kaum besser zu diesem ebenso optimistischen wie romantischen Ansatz passen: Songs Of Hope And Science wurde zwar in Berlin und Finnland aufgenommen und in München abgemischt, bietet aber einen sehr kalifornischen Sound, der Indie-Attitüde mit der Unschuld der Sixties verbindet – The Good Old Days Are Never Coming Back heißt bezeichnenderweise einer der Songs.
Man kennt diesen Hang zu klassischen Pop-Parametern, der sich seiner eigenen Nostalgie völlig bewusst ist und damit völlig aus der Zeit fällt, etwa von Bands wie World Party, den Lightning Seeds oder den Pearlfishers. Viele Lieder verströmen eine hübsche Melancholie wie Hanging On A Dream oder Hold On Tight, bei dem man kaum entscheiden mag, ob man es nun „mellow“ oder „putzig“ nennen soll. Der Auftakt Hope/Science klingt, als würde Rivers Cuomo sein Herz ausschütten. Die schwungvolle Single The Laughing Man offenbart tatsächlich beträchtliches Hitpotenzial.
In The Earth Will Spin Around trifft ein zunächst mächtiges Schlagzeug auf große Gelassenheit. “You can say what you want / but the truth is / that the world will spin around”, heißt die schwer zu leugnende Erkenntnis dazu. Auch Anything At All vereint diese fein dosierte Energie in der Strophe mit einem himmlischen Refrain. Das weitgehend akustische White Trash Kids beweist mit dezenter Elektronik ebenfalls das Talent für sehr kluge Dramaturgie, das man auf Songs Of Hope And Science immer wieder beobachten kann.
Die Geheimwaffe von Koria Kitten Riot ist allerdings der Harmoniegesang. Er erstrahlt beispielsweise in High On Cigarettes, das beinahe wirkt, als hätten sich Fountains Of Wayne vollends in Slacker verwandelt. Antti Reikko weiß genau um die Wirkung dieser Methode: “I take pride in many things, practically at every step of the way of production”, sagt er über das neue Album. “I personally most often find myself reminiscing our vocal sessions though – me, Lasse and Teemu sang all the main and backing vocals at once by the three of us, over the course of a summer. Singing together took a massive amount of effort and concentration, but very much seemed to give the album a special finishing touch.”
Damit hat er unbedingt recht, denn es ist genau diese Zutat, die das Album so einladend und besonders macht. Das scheinbar widersprüchliche Fazit, das man beispielsweise zu Forever’s Going To Be A Long, Long Time ziehen kann, trifft eigentlich auf die ganze Platte zu: cool, liebevoll und betörend.