Hingehört: Leyya – „Spanish Disco“

Künstler Leyya

Cover des Albums "Spanish Disco" von Leyya
Entspannt und filigran sind Leyya in ihren besten Momenten.
Album Spanish Disco
Label Las Vegas Records
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Viel mehr falsche Fährte geht wohl kaum: Dyno/Intro, der erste Song auf dem Debütalbum von Leyya, ist ein Instrumentalstück. Es klingt gar nicht sooo anders als der Rest von Spanish Disco. Aber ausgerechnet die Stimme wegzulassen, ist dann doch eine fiese Irreführung. Denn nichts dominiert die folgenden zwölf Tracks so sehr wie die Stimme von Sängerin Sophie Lindinger.

Sie bildet gemeinsam mit Marco Kleebauer dieses Duo aus Oberösterreich, das bereits mit der Vorab-EP Drowning In Youth viel Applaus eingeheimst hat. Der gleichnamige Song ist auch auf Spanish Disco vertreten, bietet ein unruhiges Gitarrenpicking, eine Stimme, die fast wie abwesend wirkt, und dazu einen Beat, der manchmal kaum wahrzunehmen ist, zwischendurch aber gerne mal wuchtig wird.

Das ist durchaus typisch für Leyya: Sie machen Stimmungsmusik, wie man sie von The XX oder Massive Attack kennt, auch Boy sind eine nicht ganz von der Hand zu weisende Referenz. Dieser Sound ist natürlich nicht neu, aber die beiden Österreicher betreiben ihn (mit Ausnahme von Hooligan, das ein wenig arg harmlos vor sich hin pluckert) bei weitem nicht schlechter als der Standard in diesem Metier. Was Leyya auszeichnet, sind gute Melodien und ein gutes Gespür für manchmal filigrane Variationen in einer sehr klar definierten Grundstimmung.

I Want You ist verführerisch reduziert und hat die vielleicht trägsten Handclaps der Musikgeschichte. Brando bietet große Dramatik, Coma Kit bleibt eigentlich nur ein flüchtiger Moment, IDM zieht etwa zur Hälfte des Albums das Tempo wieder an und wird am Ende sogar äußerst entschlossen. Die Single Superego ist mit ihrem sehr coolen Beat sogar nah dran an einem handfesten Hit.

Weiterer Pluspunkt: Ihr frühlingshafter, sehr entspannter Sound ist bei Leyya keineswegs pure Ästhetik. Sie sehen ihn als Entsprechung für die Lebenssituation junger Leute, die sich so gerne entscheiden und vorankommen wollen, und denen es doch so einfach gemacht wird, sich zurückzulehnen und vertrauten Bahnen zu folgen. Der Albumtitel bezieht sich auf „die Thematik der Generation Y, des Nutzlos-Vorkommens und des Gefühls des sich immer Wiederholendem“, sagen Sophie und Marco, „Spanish Disco ist für uns einfach die zum Sound des Albums passende zusammenfassende Metapher.“

Die Orientierungslosigkeit mündet bei Leyya in ein schickes Schwelgen, in ein „Ich mach mir keinen Kopf“, das nicht leichtfertig klingt, sondern beinahe vernünftig. Es ist ein Schwelgen, das keine Flucht vor der Welt ist – sondern die Entschlossenheit, sie so zu sehen, wie man will.

Bei Facebook haben Leyya die Darsteller im Video zu Superego gecastet.

Homepage von Leyya.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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