Künstler*in | Mac DeMarco | |
Album | This Old Dog | |
Label | Captured Tracks | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Mac DeMarco stellt einen persönlichen Assistenten ein. Mac DeMarco singt ein Lied von Billy Joel beim Karaoke. Mac DeMarco geht mit den Flaming Lips auf Tour. Die Mutter von Mac DeMarco erzählt, wie er als kleiner Junge war.
All diese Sätze waren Schlagzeilen, und dabei habe ich mich nur auf die vergangenen zwei Wochen und nur auf die News im NME beschränkt. Das zeigt: MacBriare Samuel Lanyon DeMarco, so sein voller Name, ist ein Glücksfall für Musikjournalisten. Er äußert sich zu allem und jedem, ist schlagfertig und vor allem niemals gewillt, sich selbst allzu ernst zu nehmen. „From the outside, Mac DeMarco has always been nothing but a baseball cap-donning, gap-toothed prankster“, hat Jamie Milton dieses Image (ebenfalls im NME) zusammengefasst.
Mit dieser Methode ist der Kanadier recht gut gefahren. Sein 2014 erschienenes Album Salad Days erreichte Platz 30 in den US-Charts, die mediale Aufmerksamkeit rund um das morgen erscheinende This Old Dog ist eine gute Voraussetzung für einen weiteren Erfolg. Das Problem ist nur: Das dritte Album von Mac DeMarco ist nicht halb so kurzweilig wie seine Interviews.
“This is my acoustic album, but it’s not really an acoustic album at all. That’s just what it feels like, mostly. I’m Italian, so I guess this is an Italian rock record“, sagt der 26-Jährige. Auch wenn er in der zweiten Hälfte des Zitats so etwas wie ironische Unverbindlichkeit versucht, ist die erste Hälfte doch unzweifelhaft wahr: Es geht auf This Old Dog deutlich reduzierter und intimer zu als bisher bei Mac DeMarco. „This record doesn’t really have any love songs in it (…). I’d had days where I’d try to write big pop songs but I just couldn’t“, erklärt er.
My Old Man eröffnet die Platte akustisch, fluffig und so tiefenentspannt, wie man mit der hier propagierten Haltung „I’ve seen it all“ eben ist. Der Titeltrack This Old Dog ist extrem zurückgenommen, später rückt Baby You’re Out auch wegen der hübschen Melodie („There’s something about melody when it’s so simple, where you don’t need all theses fucking bells and whistles and that’s enough to get by“, hat Mac DeMarco richtig erkannt) am deutlichsten in die Nähe von John Lennon, dessen Geist auch auf diesem Album sehr präsent ist. Sister erweist sich als hübsche Skizze, bei der man förmlich darauf wartet, dass Mark Everett gleich in den Gesang einstimmen wird.
Grund für die neue Ernsthaftigkeit ist wohl einerseits die Frage, wie mit dem unerhofften Erfolg umzugehen ist, die Mac DeMarco in erster Linie mit einer Rückbesinnung auf seine Familie und alte Freunde beantwortet hat. Andererseits spielt sein Umzug von Queens nach Los Angeles eine Rolle. “I demoed a full album, and as I was moving to the West Coast I thought I’d get to finishing it quick. But then I realized that moving to a new city, and starting a new life takes time“, sagt er. „Usually I just write, record, and put it out; no problem. But this time, I wrote them and they sat. When that happens, you really get to know the songs. It was a different vibe.”
Das Bestreben, dem Kern seiner Lieder ganz nah zu kommen, hat auf This Old Dog ein paar erstaunliche Effekte. For The First Time entwickelt Seventies-Feeling, in One Another klingt die Spur mit den Synthesizern, als habe jemand eine Tasse mit Kamillentee über dem Tonband verschüttet. So ähnlich wie One More Love Song könnten die Bee Gees bei halber Geschwindigkeit klingen.
Als wichtige Einflüsse für die neue Platte nennt der Kanadier Künstler wie Paul Simon, James Taylor oder das Yellow Magic Orchestra. Unverkennbar am deutlichsten hat aber sein eigenes Ringen mit den Songs, die fast schon fertig schienen und dann noch einmal eine neue Identität annahmen, dieses Album geprägt: „It was weird having the record sit in my stomach for so long. I was stressed and anxious a lot of the time. There’s an air of terror and uncertainty surrounding it. Confusing is the best way to put it.“
Der Schlusspunkt Watching Him Fade Away ist typisch für diese Mentalität und für den Sound des Albums: zärtlich, aber durch ein paar Verfremdungen mit einem doppelten Boden. Mit 13 Songs ist die Platte zwar etwas zu lang geraten, dank kleiner Details schafft es Mac DeMarco aber, sie nicht langweilig werden zu lassen: Dreams From Yesterday verbreitet etwas Latin-Atmosphäre zur dezenten Aufforderung: „Bring back all your dreams from yesterday“. In A Wolf Who Wears Sheeps Clothes sorgt eine Mundharmonika für Farbtupfer. Nicht nur in Still Beating merkt man, dass der Bass gerne ein bisschen mehr Groove möglich machen würde als der Rest der Instrumente das erlaubt, Moonlight On The River wird sehr schön, einnehmend und stimmig, bis er sich am Ende etwas Krach gönnt.
Mutig ist der Schritt zum leiseren, weniger schrillen Sound auf jeden Fall. Für eine Platte mit echtem Tiefgang fehlt This Old Dog allerdings in vielen Momenten die Aufrichtigkeit, der Wille, seine Gefühle unmittelbar zum Ausdruck zu bringen, ohne Rücksicht auf Sound und Ästhetik. So fehlt letztlich ein vollwertiger Ersatz für das, was Mac DeMarco bisher ausgemacht hat.
On The Level, der schwächste Track des Albums, führt das Problem am besten vor Augen: Alles ist schick, alles ist cool; was fehlt, ist – selbst wenn man weiß und akzeptiert, dass es Mac DeMarco diesmal etwas introvertierter angehen lassen wollte – so etwas wie ein Entertainment-Faktor oder wirklich kraftvolle Emotionalität. Der Verdacht, dass Mac DeMarco, jetzt wo er ernst macht, als Songwriter vielleicht nicht ganz so gut ist wie als Selbstvermarkter, ist nach dieser Platte jedenfalls nicht kleiner geworden.
Mac DeMarco singt My Old Man live.
Mac DeMarco gibt es im Herbst live in Deutschland:
7. November – Grünspan (Hamburg)
8. November- Astra (Berlin)
10. November – Kantine (Köln)