Künstler | Mainfelt | |
Album | Backwards Around The Sun | |
Label | Nordpol | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Bodenständig, ursprünglich, akustisch – natürlich passen diese Attribute zu einer Band aus Südtirol, zumindest gemäß des Klischees, auf das man vertrauen muss, wenn man in einem halbwegs urbanen Ort nördlich der Alpen sitzt und eigentlich keine Ahnung hat, wie die Musikszene in Südtirol tatsächlich aussieht. Mainfelt, die übermorgen mit Backwards Around The Sun ihr zweites Album vorlegen, haben allerdings gar kein Problem mit diesem Image ihrer Heimat. Wenn sie über ihre 2011 gegründete Band sprechen, fallen Begriffe wie „handgemacht“ und „Menschlichkeit“.
Natürlich ist da Vorsicht geboten: Das Wort „handgemacht“ bedeutet in 40 Prozent der Fälle „Wir hatten nicht genug Geld für eine richtig große Produktion“, in weiteren 40 Prozent „Wir sind total unsexy und langweilig, es wäre bloß lächerlich, wenn wir Musik zum Tanzen oder Feiern machen würden.“ Dann gibt es noch 19 Prozent, die sich dachten: „Wir wollen einfach schnell erfolgreich sein, also lasst uns den Sound von Mumford & Sons imitieren.“
In letztgenannte Kategorie scheinen Mainfelt zu fallen. „Es geht uns nicht ums Geld oder ums Berühmtsein. Wir möchten von unserer Passion leben können und uns immer gut verstehen“, sagt Frontmann Patrick Strobl zwar. Doch die Ähnlichkeit zu den Grammy-prämierten Vorbildern ist schon im ersten Song Firestone unverkennbar: Banjo, simpler Beat, Mitsing-Refrain – diese Zutaten kennt man sehr gut, und sie prägen Backwards Around The Sun auch im weiteren Verlauf.
Die Bandbreite reicht dabei vom vergleichsweise rockigen Wanderlust bis zum ruhig-weinerlichen Life Can Be. Besonders gerne setzen Strobl und seine Mitstreiter Willy Theil (Drums, Percussion, Akkordeon), Veit Rinner (Bass) und Kevin Prantl (Banjo, Gitarre) auf eine Dynamik, die ebenfalls an Mumford & Sons geschult ist: Home (mit der schon von Edward Sharpe propagierten Zeile “Home is whenever I’m with you”) beginnt zurückhaltend und gibt dann Gas, Take Me Back erweist sich als heiter und geerdet, setzt aber auch auf dezente Soundeffekte.
Als Leitmotiv für Backwards Around The Sun haben Mainfelt (der Bandname ist einem altgermanischen Nachnamen entlehnt) ihre Eindrücke auf den vergangenen Konzertreisen, unter anderem im Vorprogramm von Fiddler’s Green, gewählt. „Man ist jeden Tag woanders, das ist ein eigenes Lebensgefühl“, sagt Sänger Patrick Strobl über die Erfahrungen auf Tournee. Einem Lied wie Ease On Down The Road hört man diesen Ansatz tatsächlich an: Es hat eine spontane Atmosphäre, als sei es bei einem kleinen Zwischenstopp auf Tour aufgenommen worden. Auch Kiss Sedately hat diese nette Beiläufigkeit und klingt erstaunlicherweise, als würden sich Placebo in einer Bar in Texas bei den Rednecks anbiedern, bevor sie dann doch von der Bühne geprügelt werden.
Recht hübsch (und viel romantischer als das unmittelbar davor platzierte und pseudo-einfühlsame Fragile) wird auch I Won´t Go. Als wichtiger Kontrapunkt für den Spannungsbogen des Albums erweist sich We Have Lost The Shore mit Akkordeon, gebremstem Tempo und Walzertakt. Dass der beste Song der Platte ausgerechnet der Bonustrack All My Ghosts ist, der Schmiss und Charakter und Eingängigkeit vereint, sich allerdings schon auf dem Debütalbum der Band befand, ist indes kein besonders erfreulicher Umstand. Dieses Manko verweist letztlich auf das Kernproblem bei Mainfelt: Alles ist uncool, das meiste wirkt kalkuliert und sehr vieles bleibt Schema F.