Hingehört: Max & Laura Braun – „Highwire Haywire“

Künstler Max & Laura Braun

Zwischen London und Stuttgart entstand "Highwire Haywire".
Zwischen London und Stuttgart entstand „Highwire Haywire“.
Album Highwire Haywire
Label Marzipan Records
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Es dürfte in diesem Jahr wohl kaum eine andere Platte erscheinen, die einen derart katastrophalen ökologischen Fußabdruck hat wie Highwire Haywire von Max & Laura Braun. Das hat geografische Gründe. Die Geschwister stammen aus Süddeutschland, doch Laura lebt seit gut 15 Jahren in London, wo sie Kunst studiert hat. Ihr Bruder Max blieb in Deutschland und machte sich einen Namen als Produzent, Gitarrist und Komponist für Theater- und Filmproduktionen.

Während der zwei Jahre, die sie an einem Nachfolger für das Debüt Telltale gearbeitet haben, musste der gut 900 Kilometer lange Weg unzählige Male zurückgelegt werden, denn von virtueller Zusammenarbeit halten Max & Laura Braun nicht viel. „Wir schicken uns eigentlich keine Files hin und her, sondern brauchen den direkten Kontakt zueinander, wenn wir schreiben. Normalerweise sammelt jeder für sich ein paar Ideen und dann treffen wir uns und sitzen tagelang beieinander und singen und spielen die Songs, bis wir finden, dass sie fertig sind“, erzählt Max Braun.

Diese intensive Verbundenheit merkt man Highwire Haywire an, und natürlich muss man da an durchaus geistesverwandte Geschwisterpaare wie Hundreds oder Angus & Julia Stone denken. Max & Laura Braun, die erst 2008 nach mehr als zehn Jahren Pause wieder begonnen haben, gemeinsam zu musizieren, haben allerdings auch genügend Merkmale, die sie von solchen Mitstreitern abheben. Zum einen ist das die Stimme von Laura, in der ganz viele Möglichkeiten stecken. Im Summer Song ist sie so betörend schön, dass man beinahe vergisst, darauf zu achten, wovon sie da eigentlich singt.

Zum anderen ist es der meist streng akustische Sound (vielleicht soll da Strom gespart werden, um ein paar Klimasünden wiedergutzumachen?), umgesetzt in einem so geringen Tempo, dass man es vielleicht eher in bph (beats per hour) messen sollte. „A storm is coming“, singt Laura Braun in Weatherman, aber er wird erst nur von einem einzigen Ton angekündigt, der sich scheinbar endlos wiederholt, dann bleibt die Musik auch in den folgenden fünf Minuten eher die Entsprechung eines lauen Lüftchens.

Zum Beginn des Albums gibt es in Plea nur Gesang und Banjo. The Nature Of Things rückt in die Nähe von Jazz, für das zarte While I’m Asleep passt die Bezeichnung „Duett“ am besten, der Schlusspunkt Tired Years ist irgendwie Pop, irgendwie Country und irgendwie zauberhaft.

Time Is Taking All My Time bekommt dank der Percussions eine spannende Atmosphäre, It Has Been Raining verströmt eine Melancholie und Eleganz wie die Songs von Boy, auch den Titelsong könnte man sich problemlos in einer Lounge vorstellen.

„Natürlich ist es Folk oder Chamber-Pop oder so etwas in der Art, aber gleichzeitig finden wir, es ist auch etwas mehr als das. Wir haben uns von so viel unterschiedlicher Musik in den letzten Jahren inspirieren lassen, dass sich natürlich einiges davon in unseren neuen Songs niedergeschlagen hat. Wie wahrscheinlich den meisten Musikern fällt es uns daher schwer, die Musik auf einen dieser Begriffe zu reduzieren“, sagen Max & Laura Braun. Man kann ihnen nur zustimmen: Wenn überhaupt, dann ist Highwire Haywire nicht Kammerpop, sondern Salonpop.

Wie passend: Das Video zu While I’m Asleep ist ziemlich traumhaft.

Homepage von Max & Laura Braun.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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