Künstler | Menace Beach | |
Album | Ratworld | |
Label | Memphis Industries | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Menace Beach haben sich nach einem Computerspiel benannt, das ursprünglich in den 1990er Jahren für das Nintendo NES entwickelt wurde. Den Namen ihres Debütalbums Ratworld erklärt Sänger Ryan Needham so: “We’ve created our own grubby little Ratworld to inhabit. Everything is better when it’s a bit grubby and broken.” Und als spezielles Gimmick gibt es das Werk in ausgewählten Indieshops und über die Website der Band auch streng limitiert auf Musikkassette.
Wer jetzt glaubt, Menace Beach seien Slacker, liegt keineswegs falsch. Und doch haben Ryan Needham und Liza Violet, die beiden Köpfe der Band, die von Matt Spalding (Bass), Nestor Matthews (Schlagzeug) und Matthew ‚MJ‘ Johnson (Gitarre) unterstützt werden, auf ihrem ersten Album eine Eigenschaft zu bieten, die man keineswegs sofort mit Slackern verbinden würde: Spaß.
Menace Beach sind unverkennbar von Vorbildern wie Pavement oder The Jesus And Mary Chain geprägt, auch aktuellere Brüder (und Schwestern) im Geiste wie Yuck oder Wavves lassen auf Ratworld immer wieder grüßen. Doch Indie-Ästhetik wird hier niemals mit Schwermut, Unverstandensein und SiebenTageRegenwetter gleichgesetzt. Das Quintett aus Leeds hat erkannt, dass aus einem Parka manchmal auch ein lachendes Gesicht herausschaut und dass man in Chucks auch ganz gut tanzen kann.
Elastic ist ebenso schwingend wie energisch, Lowtalkin’ lässt Punk-Geist erkennen, Ratworld hat einen klasse Bass. In Infinite Donut kann man eine ganz gehörige Dosis Nirvana erkennen, die Beweisstücke heißen Melodieführung, Laut-Leise-Dynamik und wuchtiges Schlagzeug.
Dig It Up ist verspielt, Tastes Like Medicine kennt nicht nur Vorwärtsdrang, sondern sogar Optimismus. Pick Out The Pieces lässt das Schlagzeug weg und packt dafür ein bisschen Melancholie hinzu. Der Schlusstrack Fortune Teller gönnt sich eine leicht verträumte Orgel.
Die Geheimwaffe von Menace Beach ist aber das Zusammenspiel der Stimmen von Ryan Needham und Liza Violet. „Theirs is the rare lead vocalist/backing vocalist dynamic that feels like an equal partnership, with Violet’s injections propelling these songs nearly as much as their rubbery bass lines or pogoing guitars”, hat Pitchfork ganz richtig erkannt. Drop Outs ist ein gutes Beispiel dafür, ebenso der Opener Come On Give Up mit knochentrockener Gitarre, prototypischem Schlagzeug und einer faszinierenden Unschuld im Gesang.
Tennis Court ist der Track, der die Stärken von Ratworld vielleicht am besten auf den Punkt bringt: Auch hier brillieren die beiden Stimmen, dazu gibt es fein dosiertes Gitarrenfeedback, eine tolle Orgelmelodie und unwiderstehliche Coolness. Das beste Lied des Albums ist trotzdem Blue Eye, und zwar wegen eines einzigen Moments. Der Song beginnt mit der hohen, fast ätherischen Stimme von Liza Violet zu einer gebremsten Gitarre und dezenten Orgeltönen im Hintergrund (Saint Etienne drängen sich da als Vergleich auf), und dann folgt eine Eruption. Genau nach 2:16 Minuten sprengt ein mörderisches Feedback diesen Wohlklang, so unerwartet und anziehend wie ein Lederjacken-Rebell, der in den Abschlussball einer piekfeinen Privatschule platzt, um sich sein Mädchen zu holen und mit ihr durchzubrennen. Auch beim dreizehnten Mal ist das noch schockierend, packend und süchtig machend.