Künstler | Moiré | |
Album | Shelter | |
Label | Werkdisc | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Moiré kommt aus London. Moiré macht elektronische Musik. Moiré trägt Bart. Viel mehr weiß man nicht.
Auch das Erscheinen seines Debütalbums sieht der Produzent nicht als Anlass, ein paar Einblicke in seine Biografie zu gewähren oder wenigstens seinen richtigen Namen zu enthüllen. Immerhin verrät sein Künstlername etwas über ihn: In der bildenden Kunst spricht man vom „Moiré-Effekt“, wenn durch Überlagerung feiner Rastermuster scheinbar neue grobe Muster entstehen. Die optische Täuschung, die im Cover von Shelter steckt, ist ein Beispiel dafür.
„Scheinbar“, „womöglich“ „vielleicht“ sind wichtige Wörter in der Musik von Moiré. Sein Sound scheint immer im Ungefähren zu bleiben, es ist eine Musik der Unschärferelation, meist instrumental, schwer zu fassen und schwebend. No Gravity heißt eines der Lieder, und so klingt es auch, trotz eines sehr straighten Beats. Der erste Track Attitude ist ein ganz langes Anlaufnehmen, ebenso subtil wie majestätisch. Mr Figure, der dem Rausschmeißer von Shelter seinen Namen gegeben hat, muss mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein höchst nebulöses Wesen sein. Elite könnte als Chillout-Musik mit gesampleten Kinderstimmen taugen, Infinity Shadow ist noch so ein Track, dem man vermeintlich beim Wachsen zuhören kann – abstrakt, aber mit nicht zu unterschätzendem Punch.
Selbst wenn es etwas mehr Gesang gibt, nimmt das der Musik von Moiré nichts von ihrem Mysterium. Die Frauenstimme im sphärischen Stars (das für Mr.-Oizo-Allergiker eigentlich den Warnhinweis “Kann Elemente von Flat Beat enthalten.“ mitliefern müsste) scheint rückwärts zu laufen. Bones hat im Dali House einen Gastauftritt, steuert aber lediglich ein Flüstern bei. In Rings ist die Gast-Stimme von Charlie Tappin nur bruchstückhaft da, als reite sie auf einer seltsam gekrümmten Frequenzkurve und sei für das menschliche Ohr immer nur in kleinen Ausschnitten davon wahrnehmbar.
Ein bisschen was erfahren wir dann doch noch über Moiré – nicht über seine Person, aber über seinen künstlerischen Ansatz. Denn für sein Debütalbum hat er dem Hörer so etwas wie eine Gebrauchsanweisung mitgegeben. „The title Shelter describes the listener’s perception and subsequent emotional response to a collection of sounds and motifs. (…) Immersion into Shelter creates a parallel situation between artist and listener, with one exploring the confines of his medium and the other interpreting the output, essentially resulting in an intensive and introspective experience”, heißt es da. Diesem Anspruch wird die Platte zwar nicht immer gerecht, dennoch ist Shelter ein lohnender Ausflug in eine faszinierende Zwischenwelt.
Ebenfalls vage, und in Superzeitlupe: Das Video zu Attitude.
httpv://www.youtube.com/watch?v=T7xsHo_eISM