Newton Faulkner – „Human Love“

Künstler Newton Faulkner

Cover des Albums Human Love von Newton Faulkner bei BMG
Rhythmus und Atmosphäre sind die Stärken von „Human Love“.
Album Human Love
Label BMG
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Ich gebe zu: Männer mit Dreadlocks haben bei mir einen schweren Stand. Auf jeden Zac de la Rocha kommen tausend talentfreie Folkies. Auf jeden Bob Marley kommen tausend Möchtegern-Weltverbesserer, die sich ihre angeblich alternative Lebensweise nur leisten können, weil sie genug Geld von Mama und Papa bekommen.

Newton Faulkner, einst mit dem seltsamen Etikett „der britische Jack Johnson“ versehen und dann mit zwei Nummer-1-Alben in seiner Heimat reüssierend, hat sich die Dreadlocks, die er seit seinem 15. Lebensjahr trägt, gerade abschneiden lassen, und zwar im Video zur Single Get Free. „Die Zeit erschien mir richtig zu sein“, erklärt er diesen Schritt. Das hilft aber leider nichts: Der Song, ein Cover des Songs von Major Lazer, ist schmierigste Esoterik.

Auch danach gibt es auf seinem fünften Studioalbum Human Love etliche Geschmacklosigkeiten. Bei Passing Planes ist es nur peinlich, wie sehr der Refrain gerne George Ezra sein möchte. Can I Be Enough ist unausgegoren, das von Empire Of The Sun produzierte Shadow Boxing wird ziemlicher Schmonzes, in Break gefällt sich der mittlerweile 30-Jährige viel zu sehr in der Rolle als Sensibelchen mit nichts als Stimme und Gitarre. Und wenn Coldplay mit einer strengen Diät aus Barry Manilow und christlicher Erbauungsmusik aufgewachsen wären, dann würden sie vielleicht Lieder machen wie das schwer erträgliche Gone.

Allerdings muss man Human Love auch attestieren: Es ist die bisher abwechslungsreichste Platte von Newton Faulkner. „Ich wollte ein Album machen, das der Idee eines Festivals verschrieben ist, mit all den verschiedenen Elementen von Musik, die in deinen Kopf rein und wieder raus fließen. Ich will dort oben sein, wenn die Sonne langsam untergeht und die Leute anfangen, ihre Haare zu schütteln“, sagt er – und das hat immer dann brauchbare Resultate, wenn er auf Rhythmus oder Atmosphäre setzt.

Up And Away ist gelungen, der Titelsong am Ende des Albums bleibt in seiner Trägheit nicht ohne Reiz, Stay And Take wird als Duett mit Tessa Rose Jackson sogar äußerst spannend. Far To Fall, bei dem er mit Songwriter Ed Drewett (One Direction, Professor Green) zusammengearbeitet hat, weist überraschende Einflüsse von Friendly Fires oder Foals auf und deutet einen ungeahnten Horizont zumindest an. „Ich hörte mir einen Haufen sogenannter World Music an, chinesische und afrikanische Volksmusik, das hatte Einfluss auf die Melodien. An einem Punkt hätte ich beinahe ein echtes Rockalbum gemacht. Daraus wurde dann doch nichts, aber die Ideen und Einstellungen scheinen durch“, erklärt Newton Faulkner seine Experimentierfreude.

Unterm Strich ist Human Love aber weiterhin ein bisschen viel Gesäusel, Kitsch und Beschränktheit. Es kommt eben nicht nur drauf an, was auf dem Kopf ist, sondern auch aufs Innendrin – und Newton Faulkner bleibt mit dieser Platte leider Dreadlock im Geiste.

Newton Faulkner spielt Human Love live.

Homepage von Newton Faulkner.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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