Hingehört: Nicholas Krgovich – „On Sunset“

Künstler Nicholas Krgovich

Nach Kaffeehaus und Konservatorium klingt "On Sunset".
Nach Kaffeehaus und Konservatorium klingt „On Sunset“.
Album On Sunset
Label Tin Angel
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Die fiesen Leute, die mit aller Gewalt ein Comeback des „Yacht-Rock“ heraufbeschwören möchten, meinen es offensichtlich bitterernst. Das erkennt man vielleicht am deutlichsten daran, dass der Begriff im Zusammenhang mit dieser Platte auftaucht. Nicholas Krgovich wird dabei als einer der Protagonisten dieses Revivals angepriesen. Der Albumtitel On Sunset lässt dieses Genre zwar wirklich naheliegend erscheinen, aber natürlich ist diese Verbindung Quatsch. Krgovich macht Pop, nichts anderes. Genauer gesagt: Er klingt wie jemand, der seine Jugend im Konservatorium verbracht hat, seine Adoleszenz im Programmkino und die kurze Zeit danach komplett im Kaffeehaus.

Das „Yacht-Rock“-Label hat vielleicht eher damit zu tun, dass der Kanadier die Gelegenheit ergreifen möchte, sich an einen Trend dranzuheften, der ihm endlich zum Durchbruch verhelfen könnte, nachdem er in den vergangenen zehn Jahren die verschiedensten Platten unter diversen Namen veröffentlicht hat, mit überschaubaren Verkaufszahlen.

On Sunset könnte daran tatsächlich etwas ändern, denn Krgovich beweist hier ein feines Händchen für Melodien und noch mehr Geschick im Entwerfen eleganter Klangräume. Let’s Take The Car Out gehört zu den Höhepunkten, das sanft und verletzlich wie Ben Folds klingt. Rock’s Dream begnügt sich zunächst mit Streichern, Klavier und der Kopfstimme des Kanadiers, bis dann nach gut zwei Minuten mit dem Beat eine gute Portion Robustheit hinzu kommt. Auch der Schlusspunkt Moon’s Soft Glow (mit Harfe und Oboe!) ist eines dieser Lieder, die sehr schön sind und gar kein Problem damit haben, sich mit dieser Schönheit zu begnügen.

Chicago, Fleetwood Mac und Sadé nennt Krgovich als wichtige Einflüsse für diese Platte, man kann gerne weitere Helden aus den plüschigeren Schubladen der 1970er und 1980er ergänzen. Zugleich ungewöhnlich und einschmeichelnd kommt Cosmic Vision daher, wie eine funky Version von Spandau Ballet. Nicht nur wegen des Saxofons verweist City Of Night auf den Sound, den vor gut 25 Jahren beispielsweise Wet Wet Wet oder Soul II Soul bedient haben. Wenn das Haargel von Rick Astley singen könnte, käme vielleicht ein Song heraus wie Along The PCH On Oscar Night. Und wenn sich George Michael demnächst entschließen sollte, die Synthetik in seinem Sound wegzulassen, könnte ein Lied wie At Pershing Sq. das Ergebnis sein.

Nicht alles funktioniert richtig gut. The Mansion ist ein bisschen arg prätentiös. You’re Through plätschert dahin, ohne dass man recht erkennen könnte, wo Krgovich damit hin will. Auch darüber hinaus gibt es viel Wohlklang, aber wenig, was wirklich hängen bleibt. Aber so ist das wohl auf einer Yacht: Man gleitet einfach immer weiter.

Leinen(hosen) los! Sagt das Video zu City Of Night.

Homepage von Nicholas Krgovich.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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