Künstler | Obits |
Album | Bed & Bugs |
Label | Sub Pop |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung |
“Bed & Bugs was recorded somewhere in Arlington, VA at an unnamed recording studio, simply and rather unhelpfully described as ‘upstairs.’” Mit diesen schönen Worten setzt uns die Plattenfirma von Obits über die Entstehungsgeschichte von Bed & Bugs, dem dritten Album des Quartetts aus Brooklyn, in Kenntnis.
Auch wenn ein Name für dieses „upstairs“ noch gefunden werden muss, so hat man beim Hören der Platte doch sehr schnell eine Vorstellung davon, wie es dort aussehen muss: wie in der Wohnung von Adam, dem Rockstar-Vampir in Only Lovers Left Alive, dem neuen Film von Jim Jarmusch. Ein lebendiges Museum des Mythos des Rock’N’Roll, düster, ein bisschen morbide und altmodisch, aber mit exquisitem Geschmack ausgewählt und arrangiert. Im Falle von Obits vielleicht mit ein paar zusätzlichen Bierdosen, Kippen und Lederjacken.
Aus Bed & Bugs spricht die Liebe zu einer urigen, ursprünglichen Version von Rock’N’Roll, von Anfang an. Mit Taste The Diff leben Obits gleich ihre ewige Liebe zu Gitarren aus, der Gesang ist rotzig wie bei Jet, nach einem Feedback-Finale rafft sich das Lied noch einmal zu ein paar Takten Garageninferno auf. Auch an anderen Stellen deuten die Instrumente gelegentlich ihre Fähigkeit zur Virtuosität an, bleiben dann aber erfreulicherweise dem Wohl des Sounds und Songs untergeordnet.
Das Riff in Spun Out könnte, obwohl es von einem Bass gespielt wird, ebenso von den White Stripes stammen, dazu gibt es eine luftige Surfgitarre und den Gesang von Rick Froberg, der ebenfalls an Jack White denken lässt. In This Must Be Done verbreitet der Frontmann vor allem in der Strophe etwas Seventies-Feeling, in It’s Sick klingt er, passend zum Songtitel, als würde er Gift und Galle spucken – die Buzzcocks hätten sicher ihren Spaß an so einem Kracher.
Als Glücksgriff für Obits erweist sich der neue Schlagzeuger Alexis Fleisig. In Stücken wie Pet Trust oder This Girl’s Opinion legen seine Drums das Fundament und sorgen bereits für so viel Vorwärtsdrang, dass sich die anderen Instrumente auch mal links und rechts des Offensichtlichen austoben können. Auch das Instrumental Besetchet (ein Song von John Coe, den Obits auf der Ethiopiques-Serie entdeckt haben) und die gelungene Ballade Machines mit Orgel, magischem Gitarrenpicking und heiserem Gesang beweisen die Lust auf Experimente.
Gelegentlich erinnern Obits an eine Kreuzung aus Manchester-New-Wave und den Pixies (I’m Closing In), an anderer Stelle werfen sie mit Malpractice die Frage auf, ob eine bisher nicht vermutete Schnittmenge zwischen Led Zeppelin und den Presidents Of The United States Of America besteht. Sie können mellow sein (bis auf das feurige Finale) wie in Receptor, oder ganz am Ende von Bed & Bugs mit Double Jeopardy (For the Third Time) so etwas abliefern wie die Titelmelodie für eine psychedelische Gameshow in der Hölle. Am besten wird Operation Bikini: Das Lied ist wild, forsch, schnell und energisch, hat aber auch eine filigrane Coolness, die an die Strokes denken lässt.
Die Texte dazu beschwören immer wieder den Zusammenhalt, das Aufbegehren, die Hoffnung, dass irgendwo auf der Welt vielleicht noch jemand ist, dem es genauso geht, und das Wissen, dass man wohl auch dann ein Außenseiter bleiben wird, wenn sich diese Hoffnung erfüllen sollte. Die Mitglieder von Obits – allesamt Veteranen, die auch in anderen Bands spielen oder früher in sehr einflussreichen Bands aktiv waren – wissen wohl um diese Prinzipien. Für sie gilt, was Adam in Only Lovers Left Alive sagt, als er eine besonders beeindruckende Sängerin erlebt: „too good to be famous“.
Obits spielen Taste The Diff live in einem Schuppen in Kiew:
httpv://www.youtube.com/watch?v=kfRugh-4GEA