Künstler*in | Pascal Finkenauer | |
Album | Pascal Finkenauer | |
Label | Trocadero | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Die Nacht ist, nach allem was man hört, der natürliche Lebensraum von Pascal Finkenauer. Das liegt nicht nur daran, dass der Wahl-Hamburg seit gut 15 Jahren in Bands spielt (zuerst in einer Punk-Hardcore-Kombo namens Exhaust, zuletzt fünf Jahre lang als Gitarrist und Gastsänger bei Fettes Brot). Sondern auch, weil nachts die spannenden, bedeutenden, überraschenden Dinge passieren.
Zwei Jahre lang hat er getextet und komponiert für die zwölf Lieder auf seinem Debütalbum, und die Platte vermag es sehr geschickt, die Atmosphäre des nächtlichen Hamburgs einzufangen. Immer wieder begibt sich Finkenauer in eine Steppenwolf-Rolle, er ist Beobachter, (Selbst-)Zweifler, Stammgast und Philosoph, er ist fasziniert und angewidert. „Ich bin eigentlich nicht so / zumindest habe ich das gedacht“ (aus Lautes Lachen) ist eine typische Zeile. Daraus erwächst eine sehr einheitliche und überzeugende Atmosphäre, die zur ersten großen Stärke von Pascal Finkenauer wird.
Der Opener Verzerrt lässt dabei noch an Unheilig denken (keine gute Referenz, aber die stimmliche Verwandtschaft ist einfach nicht auszublenden), später schimmern Vorbilder wie Kettcar (Im Licht), Interpol (mit deren Paul Banks war Finkenauer schon auf Tour), Kid Kopphausen (ebenfalls Tourpartner und außerdem Label-Kollegen des Hamburgers) oder Selig (die sicher nichts gegen einen Song wie den clever konstruierten Rausschmeißer Offen hätten) durch.
Maschine setzt auf einen Punkrockbeat, ein paar NDW-Referenzen und die schlauen Zeilen „Wenn ihr mich sucht / ich bin nicht bei Trost / ich bin bei mir“. Die Single Den Bach runter ist ein weiterer Treffer. „Ich bin am Ende, also tanzt auf dem Rest meiner Reste / Ich bin am Ende, also tanzt auf dem Fest aller Feste“, singt Finkenauer da mit einer Stimme, die manchmal eine schockierende Kälte verströmen kann. Im sehr hübschen Wellen wogt die Musik tatsächlich wie ebensolche, Hinter zerrissenen Tüchern ist ebenso dezent heavy wie dezent funky, sodass man an Incubus denken kann.
Die zweite große Stärke dieser Platte ist der Spaß am Musizieren, den man hier in jeder Minute vermittelt bekommt. Etliche Lieder haben, nachdem sie eigentlich zu Ende sind, noch ein Anhängsel, in dem ein, zwei, drei Minuten lang weitergespielt wird, oft ohne Gesang – einfach, weil es gerade so schön ist. Das geht keineswegs auf Kosten der Spannung, sondern fügt sich sehr harmonisch in die Dramaturgie dieser Platte ein.
Das feurige Alles in Rage ist noch ein gutes Beispiel für diesen Effekt, alles baut sich hier Stück für Stück auf, sehr sensibel und sehr spannend. So ähnlich ist es ja im besten Falle auch mit den Begegnungen im Nachtleben, und Pascal Finkenauer weiß das. „Ich suche den wahren Kick, der nicht künstlich hergestellt werden kann“, sagt er. „Wenn zwei Menschen sich treffen, oder wenn man wirklich wütend ist oder wirklich traurig, das interessiert mich.“
Tageslicht ist auch im Video zu Den Bach runter verpönt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=q2ZGI9T_9uA