Künstler | Peter Silberman | |
Album | Impermanence | |
Label | Transgressive | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Als singe er gar nicht für ein Publikum, sondern nur für sich selbst, so klingt Peter Silberman in Karuna, dem Opener dieser Platte. Dass da außer Gesang und Gitarre noch andere Instrumente (zumindest gegen Ende) zu hören sind, merkt man fast gar nicht. Man kann das als einen höchst überraschenden Auftakt begreifen, schließlich ist es der erste Song auf dem ersten Soloalbum des Mannes, der sonst bei den Antlers singt. Man hätte da etwas Spektakuläres, Programmatisches, vielleicht Lautes erwartet.
Doch von Lautstärke hat Peter Silberman längst Abstand genommen, und das ist der wichtigste Grund für die Entstehung von Impermanence. Auf seinem linken Ohr hört er seit Jahren wegen eines ausgewachsenen Tinnitus schlecht, manchmal ist es vollständig taub. Als sein Arzt ihm mehr Ruhe verordnete und der Musiker deshalb sogar aus Brooklyn ins deutlich beschaulichere Upstate New York zog, musste er allerdings feststellen: In seiner Nachbarschaft war es jetzt zwar deutlich stiller, in seinem Kopf allerdings nicht. Sein Gehirn hatte sich so sehr an permanenten Lärm gewöhnt, dass es eigenständig einen Phantom-Krach poduzierte, der Silberman peinigte und auch die Gefahr mit sich brachte, seine Musikkarriere beenden zu müssen. “Years of playing loud shows had me familiar with the high-pitched whine of tinnitus, but this was more like a Niagara Falls in my head,” erzählt er. “When the brain isn’t correctly receiving and interpreting signals, it seems to produce its own placeholder sound. It’s as if the careful organization of sonic elements becomes jumbled and disordered.”
Er begann eine Therapie, unter anderem mit Klangmeditationen, an deren Ende er tatsächlich wieder Stille genießen konnte. “Once silence ceased to be available to me, I came to think of it as the luxury of well-calibrated perception. We mistakenly perceive it as nothing, but it’s a precious, profound entity. It became obvious to me why many prayers are silent, performed in immaculately quiet spaces”, lautet eine seiner Erkenntnisse.
Dass die sechs Lieder auf Impermanence nun hochgradig filigran, ruhig und zerbrechlich sind, verwundert also nicht. Das gilt für das verträumte Maya, in dem seine sehr hohe Stimme einen ähnlich prominenten Platz bekommt wie bei den Antlers, ebenso wie in New York, in dem seine Heimatstadt eine sehr idyllische und eingeschneite Metropole zu sein scheint. “As the sensitivity began to subside, I gradually re-introduced sound into my world, gently playing nylon-string acoustic guitar and whisper-singing. This once-solid element had become so fragile and tenuous, and I began to suspect that nothing was quite as stable as I’d believed it to be”, umschreibt Silberman die Entstehungsgeschichte dieser Songs.
Nicholas Principe (Port St. Willow) hat er als Tontechniker und Produzent dazugeholt, gemeinsam finden sie sehr passende, oft lautmalerische Klangbilder für die kontemplative und sogar spirituelle Atnosphäre des Albums. “I hope Impermanence can provide comfort to people grappling with transition, while remaining honest about it. There’s no remedy for the unpredictable, and I want this record to reflect that, to offer an alternative way to think about changing circumstances”, sagt der 31-Jährige. “Writing Impermanence became my effort to meditate on what had happened, and grasp what it had taught me: about my mortality, compassion, and change.”
In Ahimsa (das ist der buddhistische Begriff für Gewaltlosigkeit) wird das besonders deutlich: „No more violence“ – diese Forderung bringt Silberman so schläfrig hervor, dass selbst der gewalttätigste Aggressor Mitleid kriegen müsste. Im instrumentalen Titelsong Impermanence stellt sich ein weiterer interessanter Effekt ein: Obwohl seine Stimme, die man bis dahin für das zentrale Element des Albums gehalten hatte, hier fehlt, entsteht genau dieselbe Atmosphäre wie in den anderen fünf Stücken. Den Kern der Wirkung von Impermanence zeigt allerdings das epische und wunderschöne Gone Beyond: Je leiser Peter Silberman singt, desto intensiver wird es.