Künstler | PiL | |
Album | What The World Needs Now | |
Label | PiL Official | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Dass John Lydon auch ein Vierteljahrhundert nach seiner Zeit als Sänger der Sex Pistols noch mächtig fies sein kann, hat er 2012 mit This Is PiL bewiesen, dem Comeback-Album von Public Image Ltd. Ziemlich schnell lässt das Quartett nun What The World Needs Now folgen, aber es ist trotzdem wieder eine Überraschung, wie viel Wut in diesem Mann steckt. Auch im hohen Alter (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im letzten September stand er kurz vor der 60) ist er noch bestens in der Lage, mit seiner Musik die Eltern dieser Welt zu nerven, sollte sie bei halbwegs ordentlicher Lautstärke im Kinderzimmer ertönen. Und er lässt auf What The World Needs Now fast keine Sekunde Langeweile aufkommen.
Den Auftakt macht in Double Trouble nicht nur die programmatische Zeile „Give me trouble“, sondern tatsächlich auch eine Geschichte über ein verstopftes Klo, die im sagenhaften Reim “Domestos is / domestic bliss” mündet. Die typischen PiL-Zutaten sind natürlich sofort vorhanden: Die Gitarre klingt wie Salzsäure, die Lust auf Stänkern und Ärger hört man John Lydon bei jeder Silbe an, noch immer lebt er sie am liebsten mit der Stimme eines garstigen Kindes aus.
Auch I’m Not Satisfied hat, passend zum Titel, später so viel Feuer und Ungeduld, Know Now wird primitiv, wirkungsvoll und böse, Corporate hätte man mit der Genre-Bezeichnung „Industrial“ kein Unrecht getan. Dazu gibt es auf dem elften Album von Public Image Ltd. die üblichen Dub-Exkursionen, etwa im selbst für ihre Verhältnisse experimentellen C’est la vie oder in Big Blue Sky, das beinahe betäubend wirkt, bis wie aus dem Nichts ein großer Refrain auftaucht, der beinahe Powerballaden-Dimensionen hat.
Solche Überraschungen und Stilbrüche hat What The World Needs Now erfreulicherweise noch öfter zu bieten. Der Groove von Spice Of Choice erinnert an Love Is The Drug von Roxy Music, auch Whole Life Time wird geradezu funky. The One trägt deutliche Spuren von Glamrock und könnte ein Frühwerk von T. Rex sein, Bettie Page entpuppt sich als zynische Rockabilly-Hommage an das Pin-Up der 1950er Jahre, inklusive einer Verbeugung vor den USA als „greatest pornographic country in the world“ und dem erstaunlicher Effekt, wenn die zweite Stimme einsetzt, und man diesen Sänger glatt für David Bowie halten könnte.
Seine schönste Tirade hat sich Lydon für den Schluss dieses Albums aufgehoben. „Fuck you, fuck off, fuck sex“, wettert er im elektronisch geprägten Shoom, auch alle anderen Dinge, nach denen der größte Teil des Rests der Welt strebt, können ihm gestohlen bleiben: „It’s all bollocks.“ Und dann verrät er auch, warum diese Platte so heißt, wie sie heißt – und warum PiL immer noch so wichtig und unterhaltsam sind: „What the world needs now / is another fuck off.“