Künstler | Porches | |
Album | Pool | |
Label | Domino | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
“Wie kommt es, dass man nach dem Erwachen, schon ganz der Wirklichkeit wiedergegeben, fast immer die Empfindung hat, als ließe man mit dem Traum irgendein ungelöstes Rätsel hinter sich? Man lacht über die Unsinnigkeit des Traums und fühlt zugleich, dass in der Verkettung dieser Unsinnigkeiten irgendein Gedanke enthalten ist, und zwar ein wirklicher Gedanke, etwas zu unserem wirklichen Dasein Gehörendes, etwas, das in unserem Herzen lebt und immer darin gelebt hat; der Traum hat gleichsam etwas Neues, Prophetisches und Erwartetes verkündet; der Eindruck ist stark, er ist freudig oder qualvoll, aber worin er besteht und was einem gesagt worden ist – das kann man weder verstehen noch sich darauf besinnen.“
Diesen Gedanken äußert Dostojewski in Der Idiot, und er passt wunderbar zum vierten Album von Aaron Maine alias Porches. Der Mann aus New York bewegt sich auf Pool genau in diesem Schwebezustand zwischen Träumen und Wachen, zwischen tief gefühlter Gewissheit und dem verwunderten Schulterzucken der Ratio.
Vielleicht liegt es daran, dass er diesmal gar nicht das Bett verlassen musste, um an seiner Musik zu arbeiten: Der größte Teil von Pool ist in seiner Wohnung in Manhattan entstanden. “I’m feeling like I’m in a more permanent situation than I’ve been in before,” beschreibt der 27-Jährige den Einfluss dieser Umgebung auf die Platte. “There is something special about recording at home. It’s why it sounds the way it does. Being able to obsess over it on your own time and being in your own little cube knowing you’re surrounded by the city, being able to go so deep into it and to spend hours building it, loving it: all of that allowed me to reflect and focus on things a little closer.”
Die Liebe zum Detail hat sich eindeutig ausgezahlt. Schon nach ein paar Takten des ersten Songs Underwater erkennt man, wie viel Intelligenz, Stil und Gefühl in dieser Platte stecken. Hour lässt erahnen, was passieren könnte, wären Depeche Mode plötzlich zu Gefühlen fähig. Glow inszeniert ein wunderbares Spiel mit Nuancen in Tempo, Stimmung und Harmonie. Shaver wird so subtil und schwebend, dass ein Saxofonsolo keineswegs gewagt, sondern fast zwangsläufig wirkt.
Gelegentlich merkt man Maine auch die Freude an der Heimeligkeit an. “I want to be part of it all”, lautet sein Wunsch in Be Apart, und dieses Wortspiel bekommt natürlich eine besondere Bedeutung aus dem Mund eines Mannes, der zum Einsiedler in seiner eigenen Wohnung geworden ist. Der Titelsong bietet Autotune und etwas instrumentale Ausgelassenheit zu einem Text, der vom Schlafen und dem Leben in Zeitlupe handelt. Der letzte Satz des Albums heißt dann gar: “All I want / security.“
Freilich kann bei Porches keine Rede von Stubenhocker-Langeweile sein. Braid beispielsweise kreiert eine reizvolle Spannung aus der Unbeschwertheit des Beats und der Melancholie von Aaron Maines Stimme, die manchmal an Tom Vek denken lässt und hier vom Gesang seiner Freundin Greta Kline a.k.a Frankie Cosmos begleitet wird. Mood klingt wie ein Sommerabend, von dem man ganz genau weiß, dass es der letzte (des Sommers, vielleicht gar des Lebens) sein wird. Und Even The Shadow ist schon wieder so ein Song, der einen über das Rezept und die Sicherheit von Porches staunen lässt: Es gibt nur synthetische Instrumente, dennoch wird das Ergebnis lebendig, rührend, hauchzart. Das ist die Art von Klasse, die sich nicht aufdrängen muss.