Künstler | Rae Sremmurd | |
Album | SremmLife | |
Label | Interscope | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
„Diese unglaubliche Energie der beiden war schon bei unserem ersten Treffen zu spüren“, erinnert sich Mike WiLL an die Begegnung mit den Jungs von Rae Sremmurd. Der Mann, der unter anderem schon als Produzent für Rihanna, Jay-Z und Kanye West tätig war, wurde nach diesem Treffen zum Mentor für das Duo aus Tupelo, Mississippi. Jetzt gibt es das Debütalbum SremmLife – und genau die von ihm gepriesene Energie ist sein wichtigster Treibstoff.
Hinter Rae Sremmurd (korrekt ausgesprochen: „Ray-Shri-Mer“, der Bandname ist die Rückwärtsvariante von Ear Drummers, dem Namen ihrer Plattenfirma) stecken der 24-jährige Aaquil Brown (Slim Jimmy) und sein 21-jähriger Bruder Khalif (Swae Lee). Sie präsentieren mit SremmLife ein enorm abwechslungsreiches und kurzweiliges HipHop-Debüt.
Natürlich gibt es etliche der üblichen Text-Klischees („Safe sex and pay cheques is what it’s all about“, fasst eine Zeile im letzten Song des Albums die Themen recht gut zusammen). Das kann man aber aus zwei Gründen verzeihen: Erstens ist das Streben nach Geld, Anerkennung und Party verständlich bei einem Duo, das auf eine schwere Jugend ohne Eltern, zeitweise auch ohne Obdach zurückblickt. „Wir mussten durchhalten, einfach nur, um es den ganzen Hatern zu zeigen“, fasst Slim Jimmy die härtesten Zeiten des Brüderpaars zusammen. Zweitens werden die Allgemeinplätze durch die hoch kreativen, manchmal sogar augenzwinkernden Backing Tracks wettgemacht.
Der Auftakt Lit Like Bic hat zwar dramatische Hardrock-Gitarren und eine mächtige Bass-Drum, ist aber nicht die klassische Kampfansage. In No Flex Zone, der Debütsingle von Rae Sremmurd, oder Up Like Trump sind die Raps genauso innovativ wie die Musik. My X hat eine unterschwellige Aggressivität, wie man es von Eminem kennt. Come Get Her setzt auf Party-Atmosphäre, aber im Wissen um den Kater danach.
Vielleicht am besten zeigt Unlock The Swag, wie die Methode des Südstaaten-Duos funktioniert: Der Track ist völlig durchgeknallt, auch weil die Titelzeile „Unlock the swag“ von ihnen ganz ähnlich ausgesprochen wird wie „Unlock this way“, also die US-Entsprechung von „Bitte hier öffnen“. Man kann darin ohne große Mühe eine Spur von Beastie-Boys-Dadaismus erkennen. Die Stimmen (nicht nur, wenn sie rappen) sind ohnehin die Geheimwaffen von Rae Sremmurd. Sie sind mal ekstatisch, mal brüchig. Wenn gesungen wird, klingen sie mitunter wie 13-Jährige – und niemals sind sie cool im Sinne einer vorgegaukelten Unantastbarkeit. Genau daraus bezieht SremmLife seine Spannung und Originalität.
Im ersten Drittel könnte man die Platte noch für ein kleines Meisterwerk halten, dann baut das Album allerdings ein wenig ab. This Could Be Us ist vergleichsweise konventionell, Throw Sum Mo wird trotz der Beteiligung von Young Thug und der unerträglichen Nicki Minaj immerhin akzeptabel. YNO (mit Big Sean) ist der gewöhnlichste und zugleich schwächste Track.
Am Ende von SremmLife wird man für solche Luschen aber noch ordnungsgemäß entschädigt. Was man in der erstaunlich reduzierten Single No Type hören darf, ist keine Bass-Drum, sondern eine Pauke, die sich diesen ehrfurchtgebietenden Namen eindrucksvoll verdient. Und im schon erwähnten Schlusspunkt Safe Sex Pay Checks werden Schnaps, Partys und Flirts glorifiziert, wie man das im HipHop kennt, aber mit einer Attitüde, die man beinahe „Unschuld“ nennen möchte, so glaubwürdig klingt hier die Sehnsucht danach.