Künstler | Recondite | |
Album | Iffy | |
Label | Innervisions | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
„No Disc“, zeigt das Display an, als ich versuche, diese Scheibe einzulegen. Beim ersten Versuch, beim zweiten, auch beim dritten. Irgendwann kriege ich das dritte Album von Recondite dann doch noch zum Laufen und bemerke dabei einen erstaunlichen Effekt: Iffy klingt manchmal tatsächlich so, als ob gar keine Musik da wäre.
Viele der Sounds sind knapp über der Wahrnehmungsschwelle, zurückhaltend und geschmackvoll wie der Auftakt Baro. Manches verbreitet Chill-Out-Atmosphäre wie Tame, manches ist flauschig wie Steady, manches lässt erahnen, was passieren würde, wenn die Chemical Brothers plötzlich Balladen machen würden (Konter). Gleichermaßen für den Strandbesuch vor einer wilden Clubnacht wie für den ausgewachsenen Kater am Morgen danach ist der Schlusspunkt Jim Jams geeignet.
Natürlich steckt dahinter Prinzip bei Recondite, dem Projekt von Lorenz Brunner, der in einem Dorf im bayerischen Landkreis Rottal-Inn aufgewachsen ist, nach einer Ausbildung als Physiotherapeut dann 2008 nach Berlin ging und von dort aus begann, die elektronische Musik mit so etwas wie introvertiertem Techno zu bereichern. Der Name ist weiterhin Programm: „Recondite“ lässt sich mit „unergründlich“, „verborgen“, „tief“ und „dunkel“ übersetzen. Für den Albumtitel Iffy bietet das Wörterbuch neben „zickig“ auch die Bedeutungen „zweifelhaft“, „fraglich“, „launisch“, „unklar“ und „unentschlossen“ an.
„Ich mag das Un-Eindeutige: nur, was unklar ist, lässt Raum und Freiheit – für Interpretation und Identifikation“, erklärt Brunner diesen Ansatz. Tracks wie Duolo mit seiner spukigen Härte oder Buteo, das die Energie von House hat, aber auch wie in Watte gepackt klingt, verdeutlichen, was damit gemeint ist. Mit dem tanzbaren Glint oder dem vergleichsweise schwungvollen Levo zeigt er zudem, dass er durchaus auch Freude an Tempo und Energie kennt.
Das ist ebenso ungewöhnlich wie Brunners Werdegang oder das Bekenntnis zur alten Heimat des Wahl-Berliners, die er nach wie vor regelmäßig besucht. „Das ‚erdet’ mich im Wortsinn. Ich komme nach all den Reisen wieder auf den Boden. Natur und Familie geben mir die Wurzeln und Normalität zurück, die ich auch für meine Kreativität und die Musik so dringend benötige.“
Vielleicht am besten illustriert Garbo, wie diese verwunschene Musik funktioniert. Der Rhythmus klingt, als sei er in Tausenden Stunden mühsamer Detailarbeit ausgetüftelt worden, die Synthieflächen, die sich darüber legen, wirken hingegen, als würden sie gerade ganz spontan, assoziativ und zufällig entstehen. Das ist vielleicht der Kern dieses Sounds: Iffy ist Beats-Musik, bei der man den Beat oft gar nicht merkt.