Künstler | Rüfüs | |
Album | Atlas | |
Label | Sony | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Wenn man sie nach dem typischen Sound ihrer australischen Heimat fragt, dann kommen Rüfüs auf „diese Sommerstimmung“ zu sprechen. „Ich denke, dass unser Album eine Wärme ausstrahlt, die man hören kann“, sagt Keyboarder Jon George, ein Drittel der Band aus Sydney, über Atlas.
Das „Wo“ spielt durchaus eine wichtige Rolle auf diesem Debütalbum, mit dem Rüfüs in Australien die Spitze der Charts erreicht haben, gefolgt von mehreren ausverkauften Tourneen. Denn George verbrachte mit seinen Bandkollegen Tyrone Lindqvist (Gesang und Gitarre) und James Hunt (Schlagzeug) zunächst ein paar Wochen auf einer Farm in Strandnähe, wo sie während des Songschreibens gar nicht anders konnten als das Sommer-Feeling an der Südküste von New South Wales einzufangen. Danach machten sie sich an die Aufnahmen für Atlas, und zwar in einem leeren Wassertank unter dem Elternhaus eines der Bandmitglieder, den sie zum Tonstudio umfunktioniert haben.
Dort fanden Rüfüs („Rufus ist eine Insel vor der Küste Australiens. Sie war zumindest vor 200 Jahren noch da, mittlerweile ist sie versunken. Nach der haben wir uns benannt. Und noch die Punkte auf das u gesetzt, damit es exotischer aussieht“, hat mir Tyrone Lindqvist im Interview den Bandnamen erklärt) nicht nur einen ganz eigentümlichen Klang vor, sondern vor allem auch die Abgeschiedenheit, um sich voll und ganz auf ihre Musik konzentrieren zu können. Alles an Atlas haben sie selbst geschrieben, produziert und gemixt, das Resultat ist ein Album, das sehr fokussiert und wunderbar in sich geschlossen klingt.
Sundream heißt, wie passend, gleich der erste Track und entpuppt sich als eine denkbar smoothe und schicke Ausprägung von House. Modest Life hat die Eleganz von Zoot Woman, Sarah strahlt eine reizvolle Trägheit aus, Desert Night entwickelt – zu einer tollen Melodie – eine verführerische Beiläufigkeit.
Immer ist Atlas angenehm, ohne zu Geplätscher zu verkommen; immer sind die Songs spannend, ohne sich jemals aufzudrängen. In Rendezvous gibt es keine Gitarre und erst recht keinen Rock’N’Roll, aber man hört deutlich, dass hier eine Band am Werk ist, mit einer gemeinsamen Überzeugung und einem gemeinsam entwickelten und propagierten ästhetischen Konzept. Imaginary Air bräuchte den (ohnehin sparsam eingesetzten) Gesang gar nicht, aber gerade dadurch wirkt er wie das Tüpfelchen auf dem i. Das instrumentale Simplicity Is Bliss lässt erkennen, was Rüfüs womöglich bei ihren Auftritten im Vorprogramm von Röyksopp gelernt haben.
Two Clocks hat einen subtilen Drive, Unforgiven ist geheimnisvoll, angesichts der Single Tonight will man etwas von den Achtzigern schreiben (auch weil die Synthie-Melodie ein bisschen an Sweet Dreams von den Eurythmics erinnert), aber dann merkt man, dass man längst in einer ganz eigenen Zeit gelandet ist. Und wenn im, natürlich, sommerlichen Take Me die Aufforderung „Take me away across the ocean“ erklingt, dann scheint das Ziel dabei eindeutig Ibiza zu sein. Beides zeigt wunderbar: Die Musik von Rüfüs mag in einem winzigen Wassertank entstanden sein, aber sie funktioniert ganz universell, in allen Zeitaltern und auf allen Kontinenten.