Künstler | Seafret | |
EP | Oceans | |
Label | Sony | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Einen interessanten Effekt gibt es auf Oceans, der zweiten EP von Seafret. Jack Sedman (Gesang) und Harry Draper (Gitarre) haben den Titelsong gleich zweimal draufgepackt, einmal als reguläre Studioaufnahme, einmal als Akustikversion. Das Ergebnis ist so etwas wie ein akustisches Making Of, ein Audiokommentar zum Sound von Seafret.
Die reduzierte Version von Oceans braucht nur zwei Gitarren und die Stimme von Sedman, in der ganz viel unerfüllte Sehnsucht steckt. Bei der regulären Version garnieren sie das sehr geschmackvoll mit Klavier, Streichern, einem zurückhaltenden Schlagzeug, E-Gitarren-Picking und einem geheimnisvollen Röcheln – all das dient dazu, die zentrale Zeile des Songs noch heller strahlen zu lassen: „It feels like there’s oceans between you and me.“
Zum Meer haben Sedman und Draper ohnehin eine spezielle Beziehung. Das Duo ist mittlerweile in London ansässig, stammt aber aus Bridlington im Nordwesten Englands. Nach dem dort zu beobachtenden Wetterphänomen des Nebels, der von der Nordsee kommt und übers Land wandert, haben sie sich benannt. Und sie haben durchaus manchmal Heimweh nach dieser Gegend. „Wenn du dort lebst, nimmst du es als selbstverständlich hin“, sagt Jack Sedman über das Meer. „Ich habe es noch nie zuvor vermisst. Du merkst gar nicht, was es mit dir macht, wenn du von dort stammst.“
Seinen Bandkollegen hat er bei einem Open-Mic-Abend kennengelernt und sofort einen musikalisch kongenialen Partner in ihm erkannt. „Wir haben angefangen, Songs aus dem Nichts zu schreiben“, erinnert sich Sedman. „Ich hatte vorher noch nie einen Song geschrieben. Ich habe die Musik geliebt, aber ich hatte nie etwas geschrieben. Es hat sofort gepasst. So haben wir Schreiben gelernt: durch Spielen und die Chemie zwischen uns.“
Die erste EP Give Me Something, ebenfalls mit fünf Songs, wurde fast durchweg gelobt, mit Oceans ist ein mehr als ebenbürtiger Nachfolger gelungen. Something In The Air ist hübsch und leichtfüßig, das an Saybia erinnernde Sinking Ship illustriert, dass Seafret keine Angst vor großen Metaphern, großen Melodien und großen Gefühlen haben. Und auch der Opener Angel Of Small Death And The Codine Scene, eine Coverversion des Songs von Hozier, zeigt, dass sie ihren Folkpop eher im Stile der Altmeister spielen als in der fragwürdigen Interpretation von meinetwegen Mumford & Sons – ergreifend, leidenschaftlich und notfalls auch stürmisch.
Auf ein Album muss man sicher nicht mehr allzu lange warten. “We never set out to just record one hit,” betont Harry Draper. “That’s why we want something with more weight. People can get a grasp on what the band is about, rather than just one song.”