Künstler | Sera Cahoone | |
Album | Deer Creek Canyon | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Deer Creek Canyon ist, soviel vorab, ein äußerst geschmackvolles Americana-Album. Es gibt herausragend gute Arrangements, begnadete Musiker und eine sehr angenehme Stimmung. Manchmal kann man glauben, mal habe es mit einer geerdeten Version von Sheryl Crow zu tun (Rumpshaker), gerade in den beschwingten Momenten entstehen Lieder, die definitiv jedem Liebhaber dieses Genres gefallen werden (Every Little Word). Der erste Song ist beispielhaft für die Platte: Worry All Your Life klingt schön, gemütlich und warm. Dieser Sound, mit Pedal Steel, Klavier und Geige, sagt sofort: Komm rein, fühl dich wohl, kuschel dich ein.
Zwei Überraschungen hält das dritte Soloalbum von Sera Cahoone trotz dieser erwartbaren Koordinaten bereit. Erstens: die Stimme. Sie ist hier so herausragend, dass man sich beinahe die Augen reiben will ob des Werdegangs der Dame, die aus Colorado stammt (nach der Gegend, in der sie aufgewachsen ist, hat sie auch die Platte benannt) und mittlerweile in Seattle lebt. Denn ihr eigentliches Metier war das Schlagzeugspielen. Als Elfjährige lernte sie dieses Instrument, später hat sie unter anderem für die Band Of Horses getrommelt. Hört man sie jetzt singen, kann man kaum glauben, dass sie in ihrem ursprünglichen Fach auch nur annähernd so gut hat sein können. Beispielsweise And Still We Move ist sehr dezent instrumentiert, aber fast wünscht man sich dieses bisschen an Begleitung auch noch weg, damit man ihre Stimme noch mehr genießen kann. Auch in der wunderschönen Ballade Here With Me strahlt ihre Stimme. In Shakin‘ Hands verlässt sie sich nur auf Gesang und Gitarre und erreicht damit einen so hohen Wiedererkennungseffekt, wie ihn kaum ein Künstler mit so wenigen Mitteln hinbekommen dürfte.
Die zweite Überraschung sind die Themen von Deer Creek Canyon. Nach dem Debütalbum 2006 und Only As The Day Is Long (2008) hat sich Sera Cahoone bewusst viel Zeit für ihr nächstes Werk genommen, wie sie sagt. „I’ve matured a lot. I took a very long break to write this record. I didn’t care how long it took. Once these songs started coming together, I knew I wanted to take my time with this one“, betont sie. „I wanted to get it right, focus more on production, and make sure all the sounds and vocals were pushed even higher.“ Man merkt dem Album diesen Reifeprozess und diese Wertschätzung für Details an. Musikalisch ist Sera Cahoone hier eindeutig dort angekommen, wo sie sich zuhause fühlt. Doch in den Texten kann davon keine Rede sein. Unverstandensein ist ein wichtiges Thema auf Deer Creek Canyon, es geht in vielen Liedern eher um das Drüberhinwegkommen als um das Angekommensein.
Nervous Wreck etwa handelt von der Erkenntnis, dass man in bestimmte Situationen einfach nicht hineinpasst. Der Titelsong Deer Creek Canyon erzählt von den Dingen, die einen einfach nicht loslassen – und die Heimat ist nur eins davon. „I get really homesick and think about moving back to Colorado“, gesteht Sera Cahoone. Man darf als Hörer dafür fast dankbar sein, solange sie ihre Sehnsucht in solch herrliche Songs verpackt.