Künstler | Shabazz Palaces | |
Album | Lese Majesty | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Wenn es Songtitel wie Noetic Noiromantics, Sonic Myth Map For The Trip Back oder …Down 155th In The MCM Snorkel auf einer Platte gibt, dann darf man gewiss sein, es nicht mit einem 08/15-Album zu tun zu haben. Bei Shabazz Palaces und ihrem zweiten Longplayer Lese Majesty trifft das in vielfacher Hinsicht zu.
Palaceer Lazaro und Tendai Maraire, die beiden Köpfe hinter diesem HipHop-Duo aus Seattle, präsentieren hier etwas, das ihre Plattenfirma “a series of astral suites, recorded happenings, shared” nennt. Das Tracklisting führt tatsächlich insgesamt 18 Stücke auf, unterteilt in sieben Suiten, und man kann sich das Ergebnis vorstellen wie ein Hörspiel, in dem alles ineinander übergeht.
Am Anfang stehen in Dawn In Luxor undefinierbare Flächen, der Track beginnt höchst abstrakt und wird dann gemächlich immer konkreter – und er enthält nicht einen Sound (einschließlich der Stimmen), der nicht aus einem Computer kommt oder dort bearbeitet wurde. In The Ballad Of Lt. Maj. Winnings klingt alles wie geschreddert, Ishmael ist so stylisch, dass Outkast durchaus neidisch werden könnten, der Bass in Solemn Swears scheint noch immer Billy Jean nachzutrauern, Forerunner Foray ist genau die Sorte Space-Rap, für die Shabazz Palaces schon auf ihrem Debüt Black Up (2011) gefeiert wurden.
Mit Catherine Harris-White (THEESatisfaction), Erik Blood und Thadillac haben sie einige prominente Unterstützung an Bord, zu ihren Geheimwaffen auf Lese Majesty zählen aber auch Tracks wie #CAKE (mit der irritierenden Zeile „I’m having my kick and I’m eating my cake“) oder Harem Aria, die für sich genommen einfach nur strange klingen, im Kontext des Albums aber schlüssig (wenn auch nicht existenziell) werden.
Natürlich muss man bei dieser Ausprägung von HipHop, die eher schüchtern als prahlerisch daher kommt, neuerdings auch Clipping als wichtigen Bezugspunkt nennen. Mind Glitch Keytar Theme beispielsweise drückt aufs Tempo, ist aber weit davon entfernt, sich dem Etikett als „Kracher“ anzubiedern. Das schon erwähnte …Down 155th In The MCM Snorkel beginnt mit mächtiger Bass Drum, aber auch hier beschränkt sich die Aggressivität auf den Sound und greift nicht auf den Gesang oder gar die Attitüde von Shabazz Palaces als Ganzes über.
Erst kurz vor Schluss gibt es in New Black Wave einen Rap, der – unterlegt mit einem Monster-Beat – wie eine Kampfansage, ein Manifest klingen könnte. Aber der Backing Track dazu ist ein mysteriöses Mosaik aus Tönen, ungefähr das Gegenteil von Begriffen wie „eingängig“, „tanzbar“ oder „aufpeitschend“. Stattdessen regieren auf Lese Majesty fast durchweg Stimmen, die in sich ruhen und gerade damit die Aussage transportieren: Ich muss niemandem etwas beweisen, und ich muss auch nicht den Macker machen.
Die Stärke von Shabazz Palaces unterstreichen Tracks wie They Come In Gold, intelligent und innovativ, oder Colluding Oligarchs, das kaum noch zu umschreiben ist. Elemente wie Strophe und Refrain, sogar Takt und Beat sind hier aufgelöst und auch Rap als Genre ist nur noch ein sehr vager Rahmen für diese Musik. Eine Suite im klassischen Sinne ist das vielleicht nicht gleich. Aber eindeutig ein faszinierendes Puzzle.