Künstler | Shearwater | |
Album | Fellow Travelers | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
“Touring is an expression of faith – in yourself, in your friends, in the hope that the world has a place for you”, sagt Jonathan Meiburg, der Frontmann von Shearwater. Das zeigt zweierlei. Erstens: Das Trio aus Austin, Texas, kennt das Musikerleben auf der Straße auch von der unglamourösen Seite, ohne klimatisierten Reisebus, ohne Roadies, ohne schicke Hotelzimmer, ohne Groupies, manchmal ohne Gagen. Zweitens: Shearwater lieben das Tour-Leben, dennoch.
Eine Bestätigung dafür findet man im Booklet von Fellow Travelers, das so etwas wie einen Essay von Jonathan Meiburg über seine Tour-Erinnerungen enthält: leere Landschaften, schlechtes Essen, fiese Zollbeamte, lustige und unlustige Graffiti-Sprüche an der Wand der Garderobe. Der Text hat durchaus literarische Qualität und er unterstreicht, dass diese Reisen mit der Band quer durchs Land wirklich ein eigenes Universum sind.
Für Shearwater waren sie so inspirierend, dass nun mit Fellow Travelers ein musikalisches Ergebnis davon vorliegt. Nicht in klassischer Form, also als Live-Platte oder Konzeptalbum über das Life on the road. Sondern als Tribut an die Mitreisenden: Shearwater covern auf Fellow Travelers jeweils ein Lied von Bands, mit denen sie innerhalb der letzten zehn Jahre auf Tour waren. Einige der befreundeten Musiker sind auch selbst am Werk, durften aber nie bei den Songs ihrer eigenen Band mitwirken.
Die Bandbreite ist durchaus groß. Xiu Xius I Live The Valley OH!! hat auch bei Shearwater ein beinahe böses Schlagzeug, die Eiseskälte von Industrial und zugleich eine brennende Leidenschaft. Tomorrow (im Original von Clinic) wird hier ganz zerbrechlich, nur mit akustischer Gitarre und einer ganz hohen Stimme. Mary Is Mary von Wye Oak verwandelt sich in eine Mörderballade à la Nick Cave, Ambiguity (David Thomas Broughton) bekommt eine Harfe und ganz viel Raum geschenkt, St. Vincents Cheerleader erstrahlt in herrlicher Americana-Atmosphäre. Der Baptist-Generals-Track Fucked Up Life bekommt eine Orgel und einen Maschinenbeat verpasst.
Man erkennt schnell, wie viel Inspiration und Spaß bei der Arbeit im Spiel war – ursprünglich wollten Shearwater bloß eine Handvoll Lieder covern und bestenfalls eine EP daraus machen, doch dann wuchs sich die Idee zu einem Album aus. „Somehow it slipped under the door“, sagt Meiburg über Fellow Travelers. Zu den Höhepunkten gehört Natural One (Folk Implosion), das hier mit verzerrtem Bass und unterkühlter Elektronik andeutet, wie sich Dave Gahan wohl als Sänger des Black Rebel Motorcycle Club machen würde. Auch A Wake For The Minotaur (das Shearwater gemeinsam mit Sharon Van Etten für den Record Store Day aufgenommen haben) muss da genannt werden: Der Song klingt erst, als würden Maximo Park den Teufel beschwören und dann, als hätten sich REM in eine Talking-Heads-Coverband verwandelt.
Und dann ist da ja noch Hurts Like Heaven. Jawohl: von Coldplay. Der Song ist hier kaum wiederzuerkennen, auch, weil Shearwater den Refrain weglassen und dafür reichlich Feedback hinzugeben. Die Erfahrung, als Vorband von Coldplay vor 20.000 Menschen in Las Vegas zu spielen (und zu wissen, dass man vielleicht nie wieder ein so großes Publikum haben wird), gehört zu den spannendsten Momenten in der Tour-Geschichte von Shearwater.
Die Erfahrungen mit den anderen Acts waren ebenso eindrucksvoll und durchaus vielfältig, wie Meiburg in seinem Booklet-Essay schreibt. „Every band has its own culture – paranoid, hedonic, groovy, nerdy, introverted – and the culture doesn’t always resemble the music; guesses about what they’ll be like can be way off. Sometimes you click, sometimes you don’t.” Umso erstaunlicher ist, wie es Shearwater auf Fellow Travelers schaffen, all das zu einem sehr geschlossenen Ganzen zu vereinen. „These songs seem like they belong together, to me“, sagt Meiburg. Da kann man nur zustimmen.
So klingt das Shearwater-Live-Erlebnis:
httpv://www.youtube.com/watch?v=gIvTVIKqFfI