Künstler | Shit Robot | |
Album | What Follows | |
Label | DFA | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Marcus Lambkin, der in Dublin geborene und nun in der Nähe von Stuttgart lebende Mann hinter Shit Robot, hat sich natürlich Gedanken gemacht über sein drittes Album. “I wanted it to reflect my DJing style a bit more, less pop, less disco, more machines. There’s no live bass and barring a few hi-hats, there’s no live drums”, sagt er über What Follows. “This is the first time that I actually sat down and said: ‘I’m going to make an album now and I’m going to finish it by a specific date and time.’ I wanted to make a record that was more cohesive, that sounded like it all came from the one session”, erklärt er.
Das ist gelungen, und doch ist es nicht das Konzept des Albums, das What Follows auszeichnet, auch nicht der Wille zur Innovation seitens des Künstlers. Vielmehr zeigt sich bei Shit Robot, ähnlich wie auf den beiden Vorgängern From The Cradle To The Rave (2010) und We Got A Love (2014), wie wunderbar Produzentenkunst sein kann, wie schnell sie aber trotzdem von Gesang in den Schatten gestellt wird.
Das gilt schon für den Auftakt In Love. Das klingt nach Jean Michel Jarre und Kraftwerk, bevor nach zweieinhalb Minuten die Stimme von Alexis Taylor (Hot Chip) einsetzt und dem Track damit eine erstaunliche Wärme gibt. Auch im folgenden What Follows (mit zwei weiteren alten Wegbegleitern, nämlich Pat Mahoney und Dennis McNany a.k.a. Museum of Love) ist die Stimme (etwa: David Byrne auf Mittelwelle) scheinbar nur Garnitur, verleiht dem Track aber erst seine geisterhafte Atmosphäre.
Bei Phase Out stammt der Gesang von New Jackson, der erstmals als Gast bei Shit Robot auftritt. Die Musik dazu klingt wie etwas, bei der zumindest an der Oberfläche alles Menschliche wegrationalisiert ist, wie in einem Strandresort nach der Apokalypse, wenn längst keine Gäste mehr da sind, aber vielleicht noch ein paar Palmen übrig. Jay Green, der unter anderem für die Punkbands Orchid und Panthers gesungen hat und ein weiterer Neuling im Werk von Shit Robot ist, erweist sich als perfekte Wahl für Is There No End: Der Track beginnt wie der Spaziergang durch eine ziemlich heruntergekommene Stadt und wird dann zum Spaziergang durch den Geist eines ziemlich heruntergekommenen Mannes.
Marcus Lambkin kann natürlich auch ohne solche Gäste faszinierende Musik machen. Ten Miles High baut so langsam seine Dynamik auf, dass man es gar nicht mitbekommt. Wir warten ist sehr energisch und, auch wenn der Titel etwas anderes nahelegt, tatsächlich ungeduldig. Und das abschließende OB-8 (Winter Version) erinnert daran, dass in „instrumental“ ja auch der Wortteil „mental“ steckt, Englisch für: durchgeknallt.
Die Highlights dieses Albums sind dennoch die Tracks mit Gesang, und das weiß Lambkin auch selbst. Bestes Beispiel ist die Single Lose Control, bei der Nancy Whang zum Einsatz kommt. Lambkin und Juan Maclean, mit dem er die Platte vollendete, waren von ihrer Stimme so beeindruckt, dass sie den Backing Track löschten und stattdessen die Begleitung live zu ihrem Gesang einspielten, im selben Take. “I had so much fun with Lose Control – and it inspired me to make so much more music. I’ve written 12 new tracks since finishing the record”, schwärmt er. Es ist, als vierter Track der Platte, tatsächlich das erste Lied, in dem der Gesang versucht, das Geschehen an sich zu reißen, nicht nur wegen des von einem beachtlich bouncenden Bass befeuerten Imperativs „Get up! Get up!”
Auch die zweite Single End Of The Trail, wiederum mit Alexis Taylor, ist ein Höhepunkt. Das ist wunderbare elektronische Musik, nicht für den Club, sondern für die Fahrt nach Hause in der U-Bahn, von der man hofft, sie würde niemals stehen bleiben und man könnte ewig verweilen in diesem Gefühl zwischen grenzenloser Erschöpfung und einem Rest von Euphorie.
Lose Control – das gilt im Video scheinbar für die Grafikkarte.
Shit Robot „Lose Control“ (Official Video) from DFA Records on Vimeo.